Mahākaccāna und die Ausbreitung der indo-arischen Kultur nach Avanti
Übersetzung von „On Mahākaccāna and the spread of Aryan culture to Avanti“ von Bhikkhu Sujato, 2016
Der Ehrwürdige Mahākaccāna ist als einer der großen Schüler des Buddha gut bekannt. Praktisch als Einziger unter diesen verbrachte er Zeit in Avanti, das etwas südwestlich des Hauptverbreitungsgebietes des frühen Buddhismus gelegen ist.
Angesichts der Tatsache, dass in den Lehrreden, in denen er vorkommt, nicht erwähnt wird, dass der Buddha am Leben ist, spielen sie wahrscheinlich nach dem Parinibbāna; Mahākaccāna zog dann vermutlich nach Avanti.
Historisch ist das aus verschiedenen Gründen interessant. Es markiert eine frühe Ausbreitung des Buddhismus über seine ursprüngliche Heimat hinaus. Avanti selbst ist in zweierlei Hinsicht wichtig: Es ist das Tor zu den Häfen an der Westküste und somit zu den Handelsrouten nach Westen, die wenige Zeit später von Alexander begründet wurden.

Außerdem ist es wahrscheinlich, dass der Zweig des Buddhismus, den wir als Theravada kennen, seinen Weg nach Sri Lanka über Avanti nahm; tatsächlich heißt es, Mahinda habe hier gelebt.

In SN 35.132 haben wir ein interessantes Sutta, in dem Mahākaccāna von einer Gruppe rüpelhafter Vedenstudenten in seiner Meditation gestört wird. Sie lassen ihre Beschimpfungen ab:
ime pana muṇḍakā samaṇakā ibbhā kaṇhā bandhupādāpaccā, imesaṃ bharatakānaṃ sakkatā garukatā mānitā pūjitā apacitā
Diese glatzköpfigen Pfaffen, diese falschen Asketen, diese Primitiven, diese schwarze Ausgeburt aus den Füßen unseres Verwandten, des Gebieters! Sie werden geehrt, geachtet, gewürdigt, verehrt und wertgeschätzt von diesen angeblichen Indern.
In diesem Sutta gibt es Vieles, das von Interesse ist, aber ich will das Augenmerk auf den anscheinend nur hier vorkommenden Begriff bharataka lenken. Wie man in meiner (provisorischen!) Übersetzung erkennen kann, denke ich, dass dies ein früher, möglicherweise einmaliger, Fall ist, in dem der Ausdruck im Sinn von „indisch“ verwendet wird. [Inzwischen wurde die Übersetzung dahingehend abgeändert, dass „Inder“ durch „Erben der vedischen Kultur“ ersetzt wurde. A.d.Ü.]
Bhikkhu Bodhi scheint das Wort von bhāra abzuleiten, im Sinn von „Unterstützer“, aber ich denke, dass das ein Fehler ist. Der entscheidende Punkt ist, dass die Jugendlichen, die übereifrige fundamentalistische Brahmanen sind, die Tatsache kritisieren, dass Brahmanen, die es doch besser wissen sollten, buddhistische Mönche unterstützen. Das Grundthema des ganzen Sutta ist die wahre Natur der Brahmanen.
Aber zuerst ein wenig Hintergrundinformation. Wir sind natürlich mit dem Mahābharata vertraut, dem größten Mythos Indiens, der die Bedeutung dieser Abstammungslinie etabliert. Von Wijesekera wurde argumentiert, dass der Ursprung des Ausdrucks bharata bhāra sei, im Sinn der „Beute“, die die indo-arischen Reiterfürsten mitnahmen.
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/6/68/Raja_Ravi_Varma_-_Mahabharata_-_Bharata.jpg
Wie dem auch sei, der Begriff ist vedisch, und das Sanskrit-Wörterbuch hat eine Zusammenfassung seiner Geschichte. In den Legenden wurde Bharata ein großer König, der einen Großteil Indiens eroberte. In DN 19 wird Bharata ebenfalls als eine alte Linie von Königen genannt. Hier ist er ein Junge. Niedlich!
Mit der Zeit wurde der Begriff als allgemeiner polemischer Ausdruck für Indien oder Inder benutzt. Warum polemisch? Weil in den Wurzeln des Begriffs die Vorstellung verborgen ist, die vedische brahmanische Kultur sei die „wahre“ Kultur Indiens. Die Wahrheit ist natürlich, dass das immer eine von vielen konkurrierenden Versionen der Geschichte war.
Im Rest des Sutta stellt Mahākaccāna das dekadente Verhalten heutiger Brahmanen den tugendhaften meditierenden Weisen der Vergangenheit gegenüber. Er lässt seinen sonst typischen analytischen Stil beiseite und gebraucht listig Strophen im vedischen Stil; damit zeigt er seine Beherrschung der vedischen Kultur und legt gleichzeitig eine monumentale Abhandlung vor.
Ich denke also, wir sollten bharata hier im Sinn der „wahren, ursprünglichen, kultivierten (d. h. brahmanischen) Inder“ verstehen. Die Endung aka hat hier die gleiche Dynamik wie in samaṇaka, d. h. „falsch“.
Es scheint, Rabauken, die behaupten, die richtigen, wahren Was-weiß-Ichs zu sein, sind keine neue Erscheinung.
Zum Glück hatten die Vedenstudenten einen guten Lehrer, und Lohicca fand Mahākaccānas Unterweisungen so überzeugend, dass er Zuflucht nahm und ihn einlud, zum Almosensammeln zu kommen.
Dieses Sutta spielt zu einer Zeit, als die indo-arische Kultur sich in der Gegend etablierte, und wir werden hier Zeugen des Wettbewerbs, bei dem sich – eine Zeit lang – die Buddhisten durchsetzten.


