Dhammaregen-Newsletter Dezember 2024
Neues rund um Dhammaregen und frühe buddhistische Texte
Der heutige Newsletter sucht nach Orientierung inmitten von Chaos. Und er hat auch ein kleines Weihnachtsgeschenk im Gepäck 🎁.
Wenn am Himmel des Lebens dunkle Gewitterwolken aufziehen …
… sind wir leicht verängstigt und verunsichert. Ein ängstlicher und unsicherer Geist ist nicht in der Lage, gut abgewogene Entscheidungen zu treffen, und das kann die Situation leicht noch schlimmer machen. Daher sucht dieser Newsletter nach Anhaltspunkten für eine sichere Orientierung in unsicheren Zeiten und schaut sich unter diesem Gesichtspunkt eine Lehrrede aus der Mittleren Sammlung an.
Das Sallekhasutta, „Selbstaustilgung“, das achte Sutta der Mittleren Lehrreden, ist ein sehr interessanter Text. Er beginnt damit, dass der Ehrwürdige Mahācunda den Buddha fragt, wie man Ansichten aufgibt, die mit Selbsttheorien und Theorien über das Weltall verbunden sind. Der Buddha antwortet:
„Cunda, es gibt viele verschiedene Ansichten, die in der Welt aufkommen und die mit Selbsttheorien und Theorien über das Weltall verbunden sind. Ein Mönch gibt diese Ansichten auf und lässt sie los, indem er das, wo sie entstehen, das, wo sie sich niederlassen, und das, wo sie wirken, wahrhaftig mit rechter Weisheit so sieht: ‚Das ist nicht mein, das bin nicht ich, das ist nicht mein Selbst.‘ …“
Und er lässt darauf eine ausführliche Anleitung folgen über das, was er „Selbstaustilgung“ nennt – und was den Weg zu dem hier beschriebenen Punkt, nämlich dem Stromeintritt, darstellt.
Zunächst wird erläutert, was Selbstaustilgung nicht ist: Sie ist keiner dieser tiefen Meditationszustände, die uns an sich schon so unfassbar erhaben erscheinen; diese werden „Zustände seliger Meditation in diesem Leben“ oder „friedvolle Meditationen“ genannt. Gleichzeitig grenzt der Buddha seine „Selbstaustilgung“ (sallekha) von dem ab, was Jaina-Mönche unter dem Begriff sallekhanā üben, nämlich das Fasten bis zum Tod, und stellt dieser Übung damit eine sehr viel sanftere Praxis entgegen.
Und was ist nun tatsächlich diese Selbstaustilgung?
‚Andere werden grausam sein, wir aber wollen hier mildherzig sein‘, so sollt ihr an Selbstaustilgung arbeiten. …
‚Andere werden lügen, wir aber wollen hier nicht lügen‘, …
‚Andere werden so reden, dass sie andere entzweien, wir aber wollen hier nicht so reden, dass wir andere entzweien‘, …
‚Andere werden harte Rede gebrauchen, wir aber wollen hier keine harte Rede gebrauchen‘, …
‚Andere werden Unsinn reden, wir aber wollen hier keinen Unsinn reden‘, so sollt ihr an Selbstaustilgung arbeiten.
Angesichts von Grausamkeit, Lügen, Spaltung und Hass ruft der Buddha dazu auf, grundlegende moralische Regeln einzuhalten. Sich selber auf das Richtige besinnen, auch wenn andere das Falsche tun – das ist eine Richtschnur, an die wir uns halten können, wenn andere Orientierungspunkte verloren gehen.
Das Sutta stellt in eindringlicher Weise die Bedeutung einer soliden ethischen Grundlage heraus, die allzu leicht als „bloße Vorübung“ zu dem Eigentlichen oder gar als heute nicht mehr zeitgemäß abgetan wird. Hier wird betont, dass selbst diese wunderbaren Meditationszustände wie die vier Vertiefungen und was darüber hinausgeht für sich genommen nicht dazu führen, die eingangs genannten Ansichten aufzugeben; Ansichten, „die mit Selbsttheorien und Theorien über das Weltall verbunden sind“. Tiefe Meditation führt nicht notwendigerweise dazu, dass solche Ansichten aufgegeben werden, sondern kann sie durchaus auch bestätigen, etwa: „Ah, dieser wunderbare Zustand war die Vereinigung meines Selbst mit dem Göttlichen!“
Was führt dazu, aus dieser selbstverstärkenden Schleife auszubrechen? Ein konsequentes ethisches Verhalten, ungeachtet des Verhaltens anderer; und daran anschließend alle Glieder des edlen achtfachen Pfades und weitere Übungskategorien – mit anderen Worten: ein ganzheitliches Vorgehen. Dieses gipfelt schließlich in dem Punkt:
‚Andere werden an ihren Ansichten hängen, sie festhalten und sich weigern, sie loszulassen, wir aber wollen hier nicht an unseren Ansichten hängen, sie nicht festhalten und sie leicht loslassen‘, so sollt ihr an Selbstaustilgung arbeiten.
Nachdem man zu all den genannten negativen Eigenschaften und Praktiken auf Abstand gegangen ist, fällt es offenbar leichter, sich von schädlichen und falschen Ansichten zu lösen. Denn das Problem bei Ansichten, die mit Selbsttheorien und Theorien über das Weltall verbunden sind, ist ja, dass sie uns im Kreislauf der Wiedergeburten festhalten; ihr Loslassen bedeutet den Stromeintritt.
Im Folgenden nennt der Buddha noch verschiedene weitere Aspekte, unter denen man an der Selbstaustilgung arbeiten kann:
Man bringt zuerst den entsprechenden Gedanken hervor, das heißt, man fasst diese Absicht.
Man umgeht die jeweils schlechte Eigenschaft mithilfe der guten.
Es führt einen aufwärts, wenn man die guten Eigenschaften entwickelt.
Und schließlich bringt das Entwickeln der guten Eigenschaften die schlechten zum Erlöschen.
Und nachdem all dies erklärt wurde, ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, an dem der Buddha seine Zuhörer zum Meditieren und zum Üben der Vertiefungen aufruft!
Hier sind Plätze am Fuß von Bäumen, und hier sind leere Hütten. Übt Vertiefung, Mönche und Nonnen! Seid nicht nachlässig! Nicht, dass ihr es später bereut! Das ist meine Anleitung für euch.
Auch angesichts von Chaos und Unruhe in der Welt bleibt uns diese Möglichkeit immer erhalten.
Lesen und hören Sie die gesamte Lehrrede MN 8.
Wir schließen wieder mit einer Strophe aus dem Dhammapada:
Die Gabe der Lehre übertrifft alle anderen Gaben;
der Geschmack der Lehre übertrifft alle anderen Geschmäcke;
die Freude an der Lehre übertrifft alle anderen Freuden;
die Auflösung des Verlangens übertrifft alles Leiden.
Dhammasprüche, Dhp 354
Mit dieser kleinen Weihnachtsgabe 🎁 wünscht der Dhammaregen-Newsletter allen Lebewesen Frieden und Sicherheit in dieser Welt und schließlich die Auflösung allen Leidens!
Neues auf Dhammaregen
Seit dem letzten Newsletter wurden zahlreiche Bearbeitungen an bestehenden Sutta-Übersetzungen durchgeführt.
Übersicht über alle Übersetzungen
Sutta-Erkundungen
Die Sutta-Erkundungen sind ein monatliches Online-Format zum Studium der Suttas in einer Gruppe, das sich an die lectio divina aus der alten christlichen Klostertradition anlehnt. Das ermöglicht ein eher meditatives Herangehen an die Suttas. Die Sutta-Erkundungen finden jeden ersten Freitag im Monat statt.
Nächste Termine: 6. Dezember 2024, 3. Januar und 7. Februar 2025 jeweils 18:30 – 20:00 h MEZ.
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