Dhammaregen-Newsletter August 2022
Neues rund um Dhammaregen und frühe buddhistische Texte
Der heutige Newsletter lädt zu einer Wanderung in die Frühzeit des Buddhismus ein, als die ersten Lehrreden entstanden und in Sammlungen zusammengestellt wurden. Scrollen Sie nach unten, wenn Sie mehr zu den Sutta-Erkundungen auf Zoom erfahren wollen.
Das Saṁyutta- und das Aṅguttara-Prinzip
Die Übersetzung arbeitet sich zur Zeit hauptsächlich durch den Saṁyutta-Nikāya, mit gelegentlichen kleinen Abstechern nach links oder rechts. Bei dieser Arbeit werden die Unterschiede zwischen der Struktur dieser Sammlung und der des Aṅguttara-Nikāya besonders augenfällig.
Der auffälligste Unterschied ist, dass die Texte im Saṁyutta-Nikāya nach Themen zusammengestellt sind, während der Aṅguttara-Nikāya sie nach der Zahl der Gegenstände gruppiert, die in einem Sutta behandelt werden.
Im Saṁyutta finden wir alle wichtigen Lehrthemen des Buddhismus, und sein Kern ist um die vier edlen Wahrheiten herum angelegt. Wir finden
das Leiden (die Aggregate, SN 22, und die Sinnesfelder, SN 35),
die Ursache des Leidens (das abhängige Entstehen, SN 12),
das Aufhören des Leidens (die abhängige Befreiung, SN 12, und das Unbedingte, SN 43)
und die Übung, die zum Aufhören des Leidens führt (die Kapitel des letzten Buches, Mahāvagga, SN 45–56).
Die übrigen Saṁyuttas sind entweder diesen Hauptkapiteln angegliedert oder behandeln kleinere Themen; manchmal ist das Thema auch eine Person oder ein Personenkreis oder ein literarisches Merkmal.
Somit ist der Saṁyutta im Vergleich zum Aṅguttara insgesamt viel systematischer strukturiert. Aber natürlich kommen all diese wichtigen Lehrthemen auch in allen übrigen Nikāyas vor. Ebenso finden wir die beiden Prinzipien, die Ordnung nach Themen und die Ordnung nach Zahlen, an zahlreichen Stellen im Kanon, aber nirgends so durchgängig und so umfassend wie in ihrem jeweiligen „Heimat“-Nikāya.

Ein weiteres Merkmal des Saṁyutta-Nikāya ist, dass die drei ersten Lehrreden, die der Buddha gehalten hat, alle in dieser Sammlung zu finden sind:
In der allerersten Lehrrede, SN 56.11, wird das Rad des Dhamma ins Rollen gebracht. Inhaltlich geht es – wie könnte es anders sein – um die vier edlen Wahrheiten und den edlen achtfachen Pfad. Dementsprechend findet sich diese Lehrrede im Saṁyutta über die Wahrheiten.
Als zweites folgt, immer noch im Wildpark bei Isipatana und zu den ursprünglichen fünf Mönchen, die Lehrrede über die Kennzeichen des Nicht-selbst, SN 22.59. Hier wird die Substanzlosigkeit aller Erscheinungen anhand der fünf Aggregate aufgezeigt, entsprechend ist die Rede im Saṁyutta der Aggregate zu finden.
Mit der dritten Rede schließlich, SN 35.28, wächst der Saṅgha über die anfängliche kleine Gruppe hinaus: Hier erlangt eine Gemeinschaft von tausend Mönchen, ehemalige brahmanische Feueranbeter, die Vollendung, als ihnen ein eindrückliches Gleichnis vom Brennen vorgetragen wird. Als Rahmen dienen die sechs Sinnesfelder, und die Rede findet sich im entsprechenden Saṁyutta.
Andere Lehrreden um das jeweilige Thema finden sich dann neben diesen drei ersten Reden in den entsprechenden Saṁyuttas. Somit finden wir im Saṁyutta-Nikāya mit seinem Ordnungsprinzip aller Wahrscheinlichkeit nach die Keimzelle des gesamten Kanon.
Aber auch das Aṅguttara-Prinzip erfüllte von Anfang an eine wichtige Funktion. Ganz besonders in einer Kultur der mündlichen Überlieferung, wie sie zur Zeit des Buddha in Indien ja schon sehr lange bestand, spielen Zahlen eine wichtige Rolle als Merkhilfe beim Lernen und Erinnern. Wenn ich weiß, dass es vier edle Wahrheiten gibt, und es fallen mir vier ein, kann ich sicher sein, dass ich keine vergessen habe.
Somit sind wahrscheinlich beide Prinzipien frühe Merkmale im sich entwickelnden Kanon. Das Saṁyutta-Prinzip ist aber wohl das erste, denn zuerst muss ich über edle Wahrheiten sprechen, bevor ich sagen kann, dass es vier sind.
Diese Bemerkungen stützen sich im Wesentlichen auf Bhante Sujatos Aufsätze zu diesen Sammlungen (Leitfaden zu den Nummerierten Lehrreden und Leitfaden zu den Verbundenen Lehrreden) und sein (älteres) Buch A History of Mindfulness (kostenloses Ebook; liegt meines Wissens nicht in deutscher Übersetzung vor).
Und zum Abschluss noch ein kleines Appetithäppchen aus meiner Arbeit des letzten Monats:
SN 20.1 Mönche und Nonnen, die Dachsparren eines Giebelhauses neigen sich alle zum First, sie streben zum First, treffen sich am First, und wenn der First zertrümmert wird, werden auch sie alle zertrümmert. Ebenso wurzeln alle untauglichen Eigenschaften in der Unwissenheit und treffen sich in der Unwissenheit, und wenn die Unwissenheit zertrümmert wird, werden auch sie alle zertrümmert.
Auf ein erfolgreiches Zertrümmern!
Sutta-Erkundungen
Nach der dritten Proberunde haben wir zusammen mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern beschlossen, die Sutta-Erkundungen im jetzigen Format weiterzuführen. Dieses lehnt sich an die lectio divina aus der alten christlichen Klostertradition an. Das ermöglicht ein eher meditatives Herangehen an die Suttas.
Die Sutta-Erkundungen werden jeden ersten Freitag im Monat stattfinden. Bei Interesse senden Sie bitte eine Email an dhammaregen@gmail.com. Sie werden dann eine Einladung mit den Zoom-Zugangsdaten erhalten.
Neu auf Dhammaregen
Seit dem letzten Newsletter wurden folgende Suttas hinzugefügt:
SN 13-14, SN 15.2-19, SN 16-20
Iti 27, 74, 78
Thag 18.1
Übersicht über alle Übersetzungen
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