Dhammaregen-Newsletter Dezember 2021
Neues rund um Dhammaregen und frühe buddhistische Texte
SuttaCentral hat eine neue deutsche Benutzeroberfläche bekommen. Weiter unten finden Sie den Link zu einem Erklärvideo. Der Aṅguttara-Nikāya ist tatsächlich fertig geworden! Jedenfalls vorläufig, und Änderungen werden kommen, so sicher wie das Amen in der Kirche, wenn die weitere Übersetzungsarbeit fortschreitet. Und … hat der Buddhismus mit Weihnachten etwas gemeinsam?
Der Weihnachtsmoment! 🌟
Was steckt in der christlichen Weihnachtsbotschaft? In einer verlorenen Welt erscheint plötzlich Hoffnung, ein Erlöser wird geboren, der den Menschen einen Ausweg aus dem Elend verspricht.
Kennen wir so etwas auch im Buddhismus?
Da erwacht ein Mensch und wird zum Buddha, aber er zeigt zunächst kein Interesse, die Lehre zu verkünden. So erstaunlich und außergewöhnlich ein solches Erwachen ist, so hilft es der Welt im Ganzen doch reichlich wenig. Das zu erkennen, reißt sogar den Brahmā Sahampati aus seiner himmlischen Brahmāwonne:
SN 6.1:5.2 „Um Himmels willen! Die Welt ist verloren, die Welt geht unter! Denn der Geist des Klargewordenen, des Vollendeten, des vollkommen erwachten Buddha neigt dazu, untätig zu bleiben, nicht dazu, den Dhamma zu lehren.“
Er eilt zum Buddha, um ihn umzustimmen. Am Ende dieses Sutta stimmt der Buddha zu, den Dhamma zu lehren, und der Brahmā ist zufrieden. Ist das nun der buddhistische „Weihnachtsmoment“? Zum Teil sicher ja, aber für mich war immer der Moment besonders ergreifend, in dem zum ersten Mal ein Mensch, der vom Buddha die Lehre hörte, diese auch tatsächlich verstand. Und so wird der Ehrwürdige Koṇḍañña zu einer zentralen Figur in der buddhistischen „Weihnachtsgeschichte“, die ich heute erzählen will.
Koṇḍañña der Versteher, so wird er schließlich auch genannt. Und er begegnet uns zum ersten Mal gleich am Ende der allerersten Lehrrede, „das Rad des Dhamma ins Rollen bringen“:
SN56.11:10.4 ff Das sagte der Buddha. Zufrieden freute sich die Gruppe der fünf Mönche über die Worte des Buddha. Und während diese Lehrrede gesprochen wurde, ging dem Ehrwürdigen Koṇḍañña das unbefleckte, makellose Auge des Dhamma auf: „Alles, was einen Anfang hat, hat auch ein Ende.“

Für mich ist genau diese Stelle der „Weihnachtsmoment“ des Buddhismus, der mir immer wieder Gänsehaut beschert. Ein Buddha ist erschienen, der die Lehre gefunden hat, er entschließt sich, zu lehren, er findet verständige Schüler, und einer davon ist auf Anhieb in der Lage, die Lehre zu verstehen. Die Lehre wirkt!
Man sollte denken, ein so besonderer Schüler wie der Ehrwürdige Koṇḍañña, der erste Mensch, der die Lehre versteht, spielt auch nach seinem Erwachen im Kanon eine wichtige Rolle. Er wird auch im Aṅguttata-Nikāya unter den herausragenden Schülern als derjenige genannt, der am längsten Mönch ist (AN 1.188). Darüber hinaus gibt es aber kaum Texte, die ihn erwähnen.
Immerhin hat er sein eigenes Theragāthā-Gedicht, und vielleicht finden wir dort ja den Schlüssel zu seiner Abwesenheit. So endet dieses Gedicht denn auch mit den Zeilen:
Thag 15.1 „Ich habe das Ziel erreicht, für das ich aus dem Haus fortgezogen bin ins hauslose Leben – was soll ich mit Schülern?“
Er gehörte offenbar zu denen, die die stille Zurückgezogenheit vorzogen.
Aber in all den Jahren hat Koṇḍañña selbst nie die Größe des Geschenks vergessen, das er vom Buddha bekommen hat. Ein anderes Sutta des Saṁyutta-Nikāya, SN 8.9, berichtet, wie er nach sehr langer Abwesenheit den Buddha besucht und ihm in tiefer emotionaler Bewegung seine Dankbarkeit bezeigt:
Da kam der Ehrwürdige Koṇḍañña der Versteher nach einer sehr langen Abwesenheit zum Buddha. Er beugte seinen Kopf zu den Füßen des Buddha, streichelte die Füße und bedeckte sie mit Küssen und nannte seinen Namen:
„Ich bin Koṇḍañña, Gesegneter! Ich bin Koṇḍañña, Heiliger!“
Der Ehrwürdige Vaṅgīsa, ein Zeuge dieses Vorfalls und so etwas wie der Rilke der frühen Texte, ist offenbar genauso gerührt wie ich, wenn ich die Geschichte lese, und fasst seine Eindrücke in eine poetische Form.
Vaṅgīsa ist nicht der Einzige, der von Koṇḍañña zu einem poetischen Ausdruck seiner Gefühle veranlasst wird. In Ud 7.6 ergeht es dem Buddha selbst ebenso:
Zu dieser Zeit saß der Ehrwürdige Koṇḍañña der Versteher nicht weit vom Buddha mit gekreuzten Beinen, den Körper gerade aufgerichtet, und betrachtete die Freiheit durch das Beenden des Verlangens.
Der Buddha sah ihn dort meditieren.
Und da er die Bedeutung kannte, drückte der Buddha bei dieser Gelegenheit seine tief empfundene Bewegtheit aus:
„Weder Wurzel noch Erde oder Blätter sind da – woraus sollte eine Schlingpflanze wachsen? Dieser Weise ist von Fesseln erlöst: Wer vermöchte ihn zu tadeln? Selbst die Götter preisen ihn, und auch von Brahmā wird er gepriesen.“
Das ist das Letzte, das wir aus den Suttas über den Ehrwürdigen Koṇḍañña erfahren. Und damit endet unsere heutige Weihnachtsgeschichte mit Koṇḍañña dem Versteher.
Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern friedliche und frohe Festtage!
Neu auf Dhammaregen
Aktualisierung der SuttaCentral-Infoseite
Auf der SuttaCentral-Infoseite wurde eine Videopräsentation der neuen deutschsprachigen Version von SuttaCentral hinzugefügt sowie Links zu den im Video gezeigten Seiten.
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AN 10.77-100, AN 10.113-218, AN 10.220-746 – damit ist das Zehnerbuch abgeschlossen
AN 11.1-14, AN 11.16-1151 – damit ist der Aṅguttara-Nikāya abgeschlossen
Übersicht über alle Übersetzungen
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