Dhammaregen-Newsletter Februar 2022
Neues rund um Dhammaregen und frühe buddhistische Texte
Der heutige Newsletter befasst sich mit einer Figur, die nicht besonders oft im Palikanon vorkommt, an den wenigen Stellen aber einen tiefen Eindruck hinterlässt. Ich spreche von Ambapālī, der Stadtkurtisane von Vesālī.
Die Kurtisane Ambapālī
Ambapālīs Vorzüge werden zu Beginn des achten Vinaya-Khandhaka gepriesen, wo einige Bürger Rājagahas von ihr so beeindruckt sind, dass sie sich bei König Bimbisāra für die Schaffung eines ähnlichen Postens in ihrer Stadt einsetzen.
In ihrem Apadāna, einer (später entstandenen) Legendenerzählung aus der Vorzeit, die leider nicht in deutscher Übersetzung vorliegt, wird berichtet, wie sie einst als Schwester eines früheren Buddha geboren wurde und sich Schönheit wünschte, in einem späteren Leben aber eine erwachte Nonne verfluchte und infolgedessen in eine Serie schlechter Wiedergeburten geriet.
In den Nikāyas begegnet uns Ambapālī an zwei Stellen: im Mahāparinibbāna-Sutta, DN 16, und in ihrem eigenen Therīgāthā-Gedicht, Thig 13.1. Die Passage in DN 16 hat eine Parallele im sechsten Vinaya-Khandhaka.
Aus der Beschreibung im Mahāparinibbāna-Sutta geht hervor, dass Ambapālī gesellschaftlich unabhängig und finanziell gut gestellt war. Sie fährt mit einer ganzen Reihe von Kutschen, um den Buddha zu besuchen, wie es sonst von vermögenden Bürgern oder Königen beschrieben wird. Sie lädt den Buddha für den nächsten Tag zum Essen ein, und auf dem Heimweg hat sie eine Begegnung mit einer Gruppe von Licchaver Jugendlichen, von der uns dieser köstliche Wortwechsel berichtet wird:
„Zum Teufel, Ambapālī, was tust du, dass du mit uns zusammenstößt, Achse an Achse, Rad an Rad, Joch an Joch?“
„Nun, junge Herren, es ist, weil ich den Buddha zusammen mit dem Saṅgha der Mönche und Nonnen für die morgige Mahlzeit eingeladen habe.“
„Mädchen, gib uns diese Mahlzeit für Hunderttausend!“
„Junge Herren, selbst wenn ihr mir ganz Vesālī mit seinen Lehnsgütern geben wolltet, würde ich euch doch diese Mahlzeit nicht geben.“
Da schnippten die Licchaver mit den Fingern und sagten: „Wir wurden von der Mangotante geschlagen! Wir wurden von der Mangotante geschlagen!“
Mango, amba, ist Bestandteil ihres Namens.
Als sie den Buddha am nächsten Tag bewirtet, schenkt sie ihm auch das Mangowäldchen, in dem er sich aufhält. Und das ist das Letzte, was wir von ihr hören, bevor sie als erwachte Nonne in ihrem eigenen Gedicht zu uns spricht.
Wann sie fortgezogen ist, um Nonne zu werden, ist schwer zu sagen. Sollte es noch zu Lebzeiten des Buddha gewesen sein, muss sie ihren Entschluss sehr rasch gefasst haben, denn nach dieser Episode lebte er nur noch ca. drei Monate. In ihrem Apadāna ist erwähnt, dass sie all das mit dem Erwachen einhergehende Wissen „in seiner Gegenwart“ erlangt hat, das würde bedeuten, dass sie in dieser kurzen Zeit nicht nur den Entschluss zur Ordination fasste, sondern auch das Ziel erreichte.
„Jetzt, alt …“
Aber nun zu ihrem Therīgāthā: Als eine, die sich Schönheit wünschte und diese offensichtlich in diesem letzten Leben in einem hohen Maß genoss, gibt sie hier die womöglich eindrücklichste Beschreibung dessen, was das Alter mit einem Körper anrichtet, die wir im Kanon finden! Ich gebe das Gedicht in ganzer Länge wieder:
Schwarz, von der Farbe der Bienen, war mein Haar, mit lockigen Spitzen geschmückt; jetzt, alt geworden, gleicht es der Rinde von Hanf – das Wort des Wahrhaftigen trifft zu. Mein Kopf, von Blumen gekrönt, duftete wie eine Parfümschatulle; jetzt, alt geworden, riecht er wie Hundefell – das Wort des Wahrhaftigen trifft zu. Mein Haar war dick wie ein dicht bepflanzter Wald, mit Kamm und Haarnadeln besteckt leuchtete es; jetzt, alt geworden, ist es strähnig und dünn – das Wort des Wahrhaftigen trifft zu. Mit schwarzen Zöpfen und goldenen Bändern war es so hübsch, mit Borten durchflochten; jetzt, alt geworden, ist mein Kopf kahl – das Wort des Wahrhaftigen trifft zu. Wie Sicheln, von Künstlerhand gemalt, so schön waren einst meine Augenbrauen; jetzt, alt geworden, hängen sie faltig herab – das Wort des Wahrhaftigen trifft zu. Meine Augen strahlten leuchtend wie Edelsteine, groß und tiefblau; vom Alter verdorben, strahlen sie nicht mehr – das Wort des Wahrhaftigen trifft zu. Wie ein vollkommener Gipfel ragte meine Nase auf, lieblich in der Blüte meiner Jugend; jetzt, alt geworden, ist sie runzelig wie eine Pfefferschote – das Wort des Wahrhaftigen trifft zu. Wie liebevoll gearbeitete Kettchen waren meine Ohrläppchen, so hübsch; jetzt, alt geworden, hängen sie faltig herab – das Wort des Wahrhaftigen trifft zu. Hell wie die Blüten des Jasmin waren einst meine Zähne, so hübsch; jetzt, alt geworden, sind sie bröckelig und gelb – das Wort des Wahrhaftigen trifft zu. Mein Gesang war süß wie der Ruf des Kuckucks, der durch die dichten Wälder streift; jetzt, alt geworden, ist er brüchig und krächzend – das Wort des Wahrhaftigen trifft zu. Wie die blank gescheuerte Schale einer Meeresschnecke war einst mein Hals, so hübsch; jetzt, alt geworden, ist er krumm und gebeugt – das Wort des Wahrhaftigen trifft zu. Wie zwei gerundete Stangen waren meine Arme einst, so hübsch; jetzt, alt geworden, hängen sie herab wie ein Trompetenblumenbaum – das Wort des Wahrhaftigen trifft zu. Geschmückt mit lieblichen goldenen Ringen, das waren einst meine Hände, so hübsch; jetzt, alt geworden, gleichen sie roten Rettichen – das Wort des Wahrhaftigen trifft zu. Prall und rund ragten sie einst zusammen auf, meine beiden Brüste, so hübsch; jetzt hängen sie herab wie Wassersäcke – das Wort des Wahrhaftigen trifft zu. Wie eine blank gescheuerte Goldplatte war einst mein Körper, so hübsch; jetzt ist er von feinen Falten überzogen – das Wort des Wahrhaftigen trifft zu. Wie Elefantenrüssel waren einst meine beiden Oberschenkel, so hübsch; jetzt, alt geworden, sind sie wie Bambusstangen – das Wort des Wahrhaftigen trifft zu. Mit niedlichen goldenen Fußkettchen waren einst meine Unterschenkel geschmückt, so hübsch; jetzt, alt geworden, sind sie wie Sesamstängel – das Wort des Wahrhaftigen trifft zu. Prall wie mit Watte ausgestopft waren einst meine beiden Füße, so hübsch; jetzt, alt geworden, sind sie rissig und runzelig – das Wort des Wahrhaftigen trifft zu. So war einst dieser Knochensack, doch jetzt ist er verwelkt, ein Ort der Schmerzen; wie ein verfallendes Haus, von dem der Putz abblättert – das Wort des Wahrhaftigen trifft zu.
Lesen und hören Sie Ambapālīs Gedicht Thig 13.1.
Sutta-Erkundungen
mit Santacitta Bhikkhuni & Sabbamitta Silashin
Ab Juni 2022 wird Dhammaregen in Kooperation mit Aloka-Dharma-Zoom ein monatliches Sutta-Erkundungsprogramm auf Zoom anbieten, vorerst mit drei Folgen, das bei entsprechendem Interesse verlängert wird. Bisher geplante Termine: 3. Juni | 1. Juli | 5. August, jeweils 18:30–20:00 h MEZ.
Programmablauf:
Ayya Sabbamitta stellt einen Suttatext vor.
Diskussion, Kommentare und Fragen an die Referentinnen.
Ayya Santacitta leitet eine Meditation zum Thema an.
Bei Interesse senden Sie bitte eine Email an dhammaregen@gmail.com. Sie werden dann kurz vor dem jeweiligen Termin die Zoom-Zugangsdaten erhalten.
Neu auf Dhammaregen
Seit dem letzten Newsletter wurden folgende Suttas hinzugefügt:
DN 22
SN 1.2; SN 12.51-213, somit ist das 12. Saṁyutta vollständig; SN 35.113; SN 56.2-10, SN 56.12-20, SN 56.22-131, somit ist das 56. Saṁyutta vollständig
Ud 5.5; Snp 4.15
Übersicht über alle Übersetzungen
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