Dhammaregen-Newsletter März 2022
Neues rund um Dhammaregen und frühe buddhistische Texte
Der heutige Newsletter sucht in den Suttas nach Antworten auf den entsetzlichen Krieg, den wir gerade in Europa erleben. Wie kann man angesichts dieses Schreckens innere Kraft und Weisheit finden? 💔
Was den Buddha zum Fortziehen bewog
Wir alle kennen die Geschichte von den vier Begegnungen, die den jungen Siddhatta dazu bewogen haben sollen, sein luxuriöses Heim und seine Familie zu verlassen und ein suchender Asket zu werden: die Begegnung mit einem Alten, einem Kranken, einem Toten und einem Asketen. Nur … dass in den Suttas diese Geschichte im Leben des Buddha gar nicht vorkommt. Stattdessen wird sie in der Lebensgeschichte eines mythischen Buddha der Vorzeit, Vipassī, berichtet (DN 14).
Der Buddha selbst spricht über seine Motivation zum Fortziehen in einem Gedicht des Sutta-Nipāta, wo er beschreibt, wie er von einem „Gefühl der Dringlichkeit“ ergriffen wurde. Diese Beschreibung mutet gerade erstaunlich aktuell an. Und verglichen mit diesem Text scheint die Erzählung von den vier Begegnungen des Buddha Vipassī fast ein wenig beschaulich.
Zu den Waffen greifen Gefahr geht von denen aus, die zu den Waffen greifen: Seht nur, wie die Leute streiten! Ich will das Gefühl der Dringlichkeit rühmen, und wie ich davon ergriffen wurde. Ich sah diese Bevölkerung zappeln wie ein Fisch in einer kleinen Pfütze. Als ich sah, wie sie einander bekämpften, wurde ich von Furcht gepackt. Ohne Inhalt war die Welt, in allen Richtungen war Aufruhr. Einen Wohnort wollte ich für mich, doch nirgends sah ich etwas unbewohnt. Aber selbst an ihren Wohnplätzen kämpfen sie – als ich das sah, wurde mir unheimlich. Dann sah ich da einen Pfeil, der im Herzen steckte, so schwer zu sehen. Von diesem Pfeil getroffen läuft man in alle Richtungen. Doch wenn dieser Pfeil herausgezogen ist, läuft man weder umher noch sinkt man nieder.
Wie man den Pfeil herauszieht, wird im Rest des Gedichtes erklärt.
Was kann man mit einem Krieg erreichen?
In SN 3.25 unterhält sich der Buddha mit dem König Pasenadi von Kosala. Der König sagt:
„Herr, es gibt gesalbte adelige Könige, die von Herrschaft berauscht und von Gier nach Sinnenfreuden besessen sind. Sie haben für das Land Sicherheit gewonnen und halten ein großes erobertes Gebiet besetzt. Solche Könige führen eine Schlacht mit Elefanten, mit Reitertruppen, mit Streitwagen oder mit Fußsoldaten. Aber es gibt keinen Platz und keinen Rahmen für eine Schlacht mit Elefanten, Reitertruppen, Streitwagen oder Fußsoldaten, wenn Alter und Tod auf einen zukommen.
An diesem königlichen Hof gibt es Minister, die weisen Rat wissen und in der Lage sind, einen herankommenden Feind mit weisem Rat zu spalten. Aber es gibt keinen Platz und keinen Rahmen für eine Schlacht mit Diplomatie, wenn Alter und Tod auf einen zukommen.
An diesem königlichen Hof gibt es Goldmünzen und ungemünztes Gold in Fülle, das in Kellern und Türmen verwahrt wird. Mithilfe dieses Vermögens können wir einen herankommenden Feind bestechen. Aber es gibt keinen Platz und keinen Rahmen für eine Schlacht mit Geld, wenn Alter und Tod auf einen zukommen.
Wenn Alter und Tod auf mich zukommen, was kann ich anderes tun, als die Lehren zu üben, Sittlichkeit zu üben, taugliche und gute Dinge zu tun?“
„Das ist wirklich wahr, großer König! Das ist wirklich wahr! Wenn Alter und Tod auf dich zukommen, was kannst du anderes tun, als die Lehren zu üben, Sittlichkeit zu üben, taugliche und gute Dinge zu tun?“
In diesem Sutta fasst der Buddha das Gefühl der Dringlichkeit angesichts des Herannahens von Alter und Tod in das eindrucksvolle und recht bekannte Gleichnis von den vier Bergen, die aus den vier Himmelsrichtungen heranrücken und alles unter sich zermalmen. Und König Pasenadi, der im Allgemeinen nicht gerade zu seinen weisesten Schülern gehört, versteht sehr wohl, dass man diesen Bergen mit keiner Art von Krieg beikommen kann.
Dass alle Menschen den Pfeil im Herzen finden und ihn herausziehen; und dass sie herausfinden, wie man den vier Bergen tatsächlich entkommen kann.
Dieser Newsletter ist besonders den Menschen in der Ukraine gewidmet sowie allen, die in verantwortlicher Stellung Entscheidungen zu treffen haben, auf allen Seiten. Dass Weisheit und Mitgefühl sich als stärker erweisen als Machtstreben und Hass!
Das folgende Interview mit Bhikkhu Bodhi behandelt die Krise in Myanmar, aber es werden darin grundlegende ethische Fragen angesprochen, die auch für die aktuelle Situation in Europa relevant sind. Schwierige Fragen, auf die es keine klaren schwarz-weißen Antworten gibt. Danke an den Ehrwürdigen Bodhi, dass er sich ihnen stellt! 🙏🏾
Zum Interview (Englisch)
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SN 1.3-14, SN 3.25
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