Dhammaregen-Newsletter März 2023
Neues rund um Dhammaregen und frühe buddhistische Texte
Der heutige Newsletter ist Zeuge bei der Wandlung eines Prinzen vom „Saulus“ zum „Paulus“, bei einem Treffen zwischen früheren Mönchsgefährten und bei einer kleinen privaten Szene zwischen dem Buddha und Ānanda.
Eine furchtlose Begegnung mit der Wahrheit
Es gibt im Kanon einige Fälle, in denen Leute zum Buddha gehen mit dem Vorsatz, ihn in einer philosophischen Debatte zu schlagen; aber kein einziger Fall ist überliefert, in dem das gelungen wäre. Das muss nicht verwundern, denn schließlich gibt der buddhistische Kanon die Perspektive der Buddhisten wieder. Ich habe aber auch noch nicht gehört, dass Texte anderer Gruppen wie etwa der Jainas für sich in Anspruch nähmen, den Buddha in einer solchen Debatte besiegt zu haben.
Wie dem auch sei, als Erzählungen haben diese Geschichten alle ihren besonderen Reiz.
Heute möchte ich mich dem Prinzen Abhaya zuwenden, dessen Name „furchtlos“ bedeutet. Und furchtlos muss man vermutlich sein, wenn man vom Anführer der eigenen Religion zum religiösen Gegenspieler entsandt wird, um mit diesem einen verbalen Kampf auszufechten. Abhaya nimmt den Auftrag jedenfalls an, nachdem er sich von dem Jaina-Asketen Ñātika über die beste Strategie hat beraten lassen. Und ebenso furchtlos und ohne zu zögern gibt er dem Buddha gegenüber seine Niederlage zu, als er sieht, dass seine Strategie gescheitert ist.
Soviel zu der Rahmenerzählung von MN 58.
Inhaltlich geht es in diesem Sutta dann um eine Darstellung der rechten Rede: Soll man jemandem etwas sagen, von dem man weiß, dass er es nicht gerne hören wird?
„Ebenso, Prinz, äußert der Klargewordene keine Rede, von der er weiß, dass sie unwahr, falsch und sinnlos ist, und die bei anderen unerwünscht und unbeliebt ist. Der Klargewordene äußert keine Rede, von der er weiß, dass sie wahr und richtig, aber sinnlos ist, und die bei anderen unerwünscht und unbeliebt ist. Der Klargewordene kennt die rechte Zeit, zu sprechen, wenn es darum geht, etwas zu erklären, von dem er weiß, dass es wahr, richtig und hilfreich ist, und das bei anderen unerwünscht und unbeliebt ist.
Der Klargewordene äußert keine Rede, von der er weiß, dass sie unwahr, falsch und sinnlos ist, und die bei anderen erwünscht und beliebt ist. Der Klargewordene äußert keine Rede, von der er weiß, dass sie wahr und richtig, aber sinnlos ist, und die bei anderen erwünscht und beliebt ist. Der Klargewordene kennt die rechte Zeit, zu sprechen, wenn es darum geht, etwas zu erklären, von dem er weiß, dass es wahr, richtig und hilfreich ist, und das bei anderen erwünscht und beliebt ist. …“
Lesen Sie die gesamte Lehrrede MN 58, die mit der Zufluchtnahme Abhayas endet – bitter für die Jainas, aber segensreich für den Prinzen, wie sich später zeigen wird.
Was behindert und was fördert Erkennen und Sehen?
Wir begegnen Abhaya nämlich als nächstes in SN 46.56, wo er Fragen zur Lehre Pūraṇa Kassapas stellt. Dieser lehrt, dass es für Erkennen und Sehen keinen Grund und keine Ursache gäbe, was bedeuten würde, dass man nichts dafür tun könnte, die tiefen Wahrheiten des Lebens zu verstehen.
Der Buddha erklärt, dass es sehr wohl Gründe und Ursachen für solche Erkenntnis gibt, und legt die fünf Hindernisse und ihre Gegenspieler, die sieben Faktoren des Erwachens, dar.
Das Sutta gipfelt:
„Herr, wie ist der Name dieser Lehrdarlegung?“
„Man nennt sie die ‚Faktoren des Erwachens‘, Prinz.“
„Jawohl, Gesegneter, dies sind Faktoren des Erwachens! Jawohl, Heiliger, dies sind Faktoren des Erwachens! Selbst wenn man nur einen dieser Faktoren des Erwachens besitzen würde, könnte man wahrhaftig erkennen und sehen, wie erst bei allen sieben.
Als ich auf die Geierkuppe stieg, wurden mein Körper und mein Geist müde. Aber diese Müdigkeit ist nun geschwunden. Und ich habe die Lehre erfasst.“
„Die Lehre erfassen“ ist ein Synonym für den Stromeintritt – womit wir also für Abhaya beim ersten Schritt zum Happy End wären!
Lesen Sie die ganze Geschichte in SN 46.56.
Ein alter Bekannter
Kurz nach seinem Erwachen denkt der Buddha über die fünf spirituellen Fähigkeiten nach:
„Wenn fünf Fähigkeiten entwickelt und ausgebaut werden, gipfeln sie in der Unsterblichkeit, führen zur Unsterblichkeit und enden in der Unsterblichkeit. Welche fünf? Die Fähigkeit des Vertrauens, der Energie, der Achtsamkeit, der Versenkung und der Weisheit. …“
Der Brahmā Sahampati drückt seine Begeisterung darüber aus, dass er diese Aussage des Buddha aus seiner eigenen Erfahrung bestätigen kann, und zwar aus der Zeit, als er unter dem legendären Buddha Kassapa Mönch war. Und – auch „unser“ Buddha war unter dem Buddha Kassapa Mönch, wie wir aus MN 81 wissen. Umso größer muss da die Freude des Brahmā sein, dass sein früherer Mitmönch, der damals die Lehre nicht erfassen konnte, nun aufgeholt hat!
Lesen Sie SN 48.57.
Bei der Massage
Es ist eine scheinbar ganz gewöhnliche Szene zwischen dem Buddha und Ānanda, die da in SN 48.41 geschildert wird: Ānanda massiert den Buddha, und sie unterhalten sich über Krankheiten. Wer war nicht schon einmal beim Physiotherapeuten und hat mit ihm über seine Krankheiten gesprochen?
Und gerade das Alltägliche und Gewöhnliche daran bringt uns den Buddha nahe: Er war ein Mensch, ein Mensch wie wir, mit einem Alltag und kleinen, routinemäßigen Abläufen. Kein Übermensch oder Halbgott, sondern jemand wie Sie und ich, zum Anfassen sozusagen … für Ānanda sogar ganz wörtlich in diesem Fall.
Und worüber genau haben sie gesprochen?
Wenn man jung ist, muss man alt werden; wenn man gesund ist, muss man krank werden; und wenn man lebt, muss man sterben.
Auch das scheint unglaublich banal, eine Binsenweisheit. Bis zu dem Punkt, an dem man diese Sätze wirklich an sich heranlässt. Denn es sind eben nicht immer nur die anderen, die Krebs bekommen oder dement werden, die nach einem kurzen oder einem langen Leben sterben müssen. Wir sind es selbst! Wann fangen wir endlich an, das tatsächlich zu glauben?
Lesen Sie dieses ebenso einfache wie anrührende Sutta SN 48.41.
Neu auf Dhammaregen
Seit dem letzten Newsletter wurden folgende Suttas hinzugefügt:
MN 58
SN 46.44-184; SN 48.1-178; SN 49.1-54; SN 50.1-108; SN 51.1-86; SN 52.1-24; SN 53.1-54; SN 54.1-8, SN 54.10, SN 54.13-20 – damit sind diese Saṁyuttas jetzt vollständig; SN 55.1-22
Übersicht über alle Übersetzungen
Sutta-Erkundungen
Die Sutta-Erkundungen sind ein monatliches Online-Format zum Studium der Suttas in einer Gruppe, das sich an die lectio divina aus der alten christlichen Klostertradition anlehnt. Das ermöglicht ein eher meditatives Herangehen an die Suttas. Die Sutta-Erkundungen finden jeden ersten Freitag im Monat statt.
Nächste Termine: 7. April, 5. Mai und 2. Juni 2023, jeweils 18:30 – 20:00 h MEZ.
Bei Interesse senden Sie bitte eine Email an dhammaregen@gmail.com. Sie werden dann eine Einladung mit den Zoom-Zugangsdaten erhalten.
Newsletter-Empfang
Wenn Sie in Zukunft unsere Nachrichten empfangen möchten, melden Sie sich mit einer formlosen Email an dhammaregen@gmail.com zum Newsletter an. Wenn Sie die Nachrichten nicht mehr empfangen möchten, senden Sie eine Email, um sich abzumelden.


