Nanda und nördliche schwarze polierte Keramik
Übersetzung von „Nanda and Northern Black Polished Ware“ von Bhikkhu Sujato, 2016

Das Studium des frühen Buddhismus ist durch die Spärlichkeit archäologischer Hinterlassenschaften aus der Zeit erschwert. Das ist zum Teil durch die Art der Kultur in dieser Zeit bedingt, in der Gebäude vorwiegend aus Holz und monumentale Bauwerke und Steinbauweise noch nicht verbreitet waren; aber es liegt auch am allgemein niedrigen Stand der Archäologie in Indien. Dennoch haben wir einige Anhaltspunkte. Die Kultur dieser Zeit ist als Kultur der nördlichen schwarzen polierten Keramik bekannt (Northern Black Polished Ware, NBPW), benannt nach den charakteristischen glänzenden glasierten Töpferwaren. Die zeitliche und geografische Verbreitung dieser Kultur kommt dem in den FBT dargestellten Kulturkreis sehr nahe, und es gibt keinen Zweifel, dass die Kultur, die in den Suttas beschrieben wird, tatsächlich die Kultur der nördlichen schwarzen polierten Keramik ist.
Vor diesem Hintergrund erscheint es merkwürdig, dass es nicht leicht ist, in den FBT eine direkte Beschreibung dieser Töpferwaren zu finden. Die Archäologie ist allerdings eine komplizierte Wissenschaft, und was überlebt hat, ist nur ein Bruchteil dessen, was in der Kultur vorhanden war; was für die Menschen damals von Bedeutung war, kann etwas ganz anderes sein als das, was die Archäologen gefunden haben. Am Ende wird eines der dauerhaftesten Kulturartefakte unserer Zeit aller Wahrscheinlichkeit nach eine Ausgabe der Gesammelten Werke L. Ron Hubbards sein, auf Edelstahltafeln in Titankapseln aufbewahrt, in Gewölben in der Wüste New Mexikos vergraben und zum Auffinden durch außerirdische Besucher markiert. Der Gedanke ist beunruhigend, aber Sie müssen zugeben, dass es eine Gaudi wäre, den außerirdischen Archäologen der Zukunft dabei zuzuschauen, wie sie versuchen, aus diesem Fund unsere Gesellschaft zu rekonstruieren!
Vor einer Weile kam mir der Gedanke, dass die Mönchsschale, die wir zum Almosensammeln und Essen benutzen, vermutlich aus NBPW bestand, und dass daher die glänzenden schwarzen Schalen, die wir heute sehen, wahrscheinlich eine direkte kulturelle Fortsetzung sind.
Laut Vinaya darf eine Schale entweder aus Ton oder aus Eisen sein, aber viel mehr Einzelheiten gibt es dazu nicht. Heutzutage sind natürlich die meisten Schalen aus Eisen oder Edelstahl, obwohl auch gelegentlich Tonschalen benutzt werden.
Aber es scheint, ich war voreilig mit meiner Annahme, dass diese Schalen NBPW waren. Es gibt eine reizende Stelle in SN 21.8:
Da legte der Ehrwürdige Nanda – der Cousin des Buddha von mütterlicher Seite – schön geplättete und gebügelte Roben an, trug Lidschatten auf, nahm eine accha Schale und ging zum Buddha.
Ich habe accha nicht übersetzt, da ich denke, es bezieht sich auf NBPW. Das Wort hat die Grundbedeutung „glänzend, klar, durchscheinend“, wie klares Wasser. Es ist daher eine hervorragende Beschreibung der glänzenden schwarzen Glasur, die man auf NBPW findet, eine veredelte, schöne Oberfläche, die sicher heißbegehrt war.
Offensichtlich putzt sich Nanda in dieser Passage auf eine Weise heraus, die für Mönche nicht angebracht ist. Das legt nahe, dass eine hochglänzende Schale als ebenso unangemessen angesehen wurde wie gebügelte Roben und Make-up.
Und es zeigt sich, dass das genau der Ansicht der Archäologen über NBPW entspricht. Es gibt einen ausgezeichneten jüngeren Artikel zu dem Thema: „Mikroskopische Analyse der Oberflächenbeschichtungstechnik von nördlicher schwarzer polierter Keramik“ (Surface Coating Technique of Northern Black Polished Ware by the Microscopic Analysis) von Dilruba Sharmin und Fumio Okada im Ancient Asia Journal. Die Forscher analysierten eine Anzahl von Proben und fanden, dass der Glanz durch Aufbringen von zwei Schichten auf die Keramik erzeugt wurde. Eine Grundierungsschicht ist aus feinem Ton und wird gebrannt, und darauf wird abschließend eine Schicht aus organischem Material aufgebracht – Harz oder etwas Ähnliches –, um die fertige Politur zu erzeugen. Die Glasur ist so stabil, dass sie bis heute hält – falls sie nicht von wohlmeinenden Ausgräbern abgewaschen wird!
Diese Prozedur ist schwierig und zeitaufwendig und muss von spezialisierten Fachleuten entwickelt worden sein. Daher muss NBPW, obwohl es uns dank seiner Haltbarkeit zugänglich ist, seinerzeit kein gewöhnliches Material gewesen sein. Sharmin und Okada sagen:
Diese Töpferwaren waren hochgeschätzte Luxuswaren, die vor allem für die Elite der Gesellschaft gedacht waren. Darauf weist die begrenzte Zahl an gefundenen Formen hin sowie Fragmente einzelner Stücke (die mit Nieten, Leisten oder Nägeln aus Kupfer ausgebessert sind). Dieser Befund zeigt, dass zerbrochene NBPW normalerweise nicht weggeworfen wurde; sie wurde weiterhin benutzt, nachdem sie mit Kupferteilen repariert worden war, da die Reparaturkosten niedriger waren als die Kosten für Produktion und Import.
Das passt mit Nandas Geschichte genau zusammen. Seine glänzende glasierte schwarze Schale war ein Luxusartikel, wohingegen die Mönche und Nonnen normalerweise eine einfachere Glasur benutzt haben werden. Weil sie billig und und für weniger anspruchsvolle Anforderungen gemacht waren, sind diese weitgehend verschwunden, während die luxuriöse nördliche schwarze polierte Keramik bewahrt wurde.
Daher denke ich, es ist gut, die Stelle so zu übersetzen, dass diese Verbindung deutlich wird:
Da legte der Ehrwürdige Nanda – der Cousin des Buddha von mütterlicher Seite – schön geplättete und gebügelte Roben an, trug Lidschatten auf, nahm eine polierte schwarze Schale und ging zum Buddha.
Das wirft nun allerdings eine Frage auf: Sollten heutige Bhikkhus und Bhikkhunis glänzende Schalen wie Nanda verwenden? Die Antwort überlasse ich Ihnen.
Ein Postskript: Es gibt noch eine Beschreibung eines Gefäßes als accha, zu finden in Theragatha 2.40. Der Vers ist sehr undurchsichtig, aber die Beschreibung des Gefäßes ist recht klar:
Acchāya atibharitāya / amataghaṭikāyaṃ In den Nektarkrug der Unsterblichkeit, glänzend und überfließend
Die Idee, wie man sie aus der Strophe und dem Kommentar erkennen kann, ist, dass der Buddha über die Jahre den Krug der Unsterblichkeit mit seinen Lehren stetig gefüllt hat, sodass er jetzt überfließt, daher gibt es keine Ausrede, wenn man nicht übt. Die Beschreibung des Gefäßes als accha soll unzweifelhaft seine Schönheit und Kostbarkeit vermitteln, was wiederum dazu passt, es als nördliche schwarze polierte Keramik einzuordnen.

