Über die asketischen Praktiken
Übersetzung von „On the austerities“ von Bhikkhu Sujato, 2016

Es gibt eine Standardpassage über die verschiedenen Praktiken von Askese und Selbstquälerei. In voller Länge findet sie sich in MN 12 und vollständig oder ausschnittsweise an mehreren anderen Stellen. Es ist ein faszinierender, lebendiger Bericht, eine der Stellen in den Suttas, wo die persönliche Erfahrung des Buddha am ausführlichsten beschrieben ist. Wie zu erwarten finden sich in dem Bericht zahlreiche unklare und problematische Ausdrücke. Das hier sind ein paar Notizen zu Problemen, die mir begegneten. Es soll kein vollständiger Bericht sein, sondern einfach eine Zusammenstellung von ein paar interessanten Punkten.
Schafe halten
na eḷakamantaraṁ, na daṇḍamantaraṁ, na musalamantaraṁ
Das bezieht sich auf Situationen, in denen ein Jaina- oder jainaartiger Asket es ablehnen würde, angebotene Speise anzunehmen. Der Ehrwürdige Bodhi übersetzt es mit „über eine Schwelle hinweg, über einen Stock hinweg, über einen Stößel hinweg“. Diese Übersetzung bleibt durchgängig vom MN bis zum AN bestehen. Es gibt im Grunde keinen Beleg für die Vorstellung, dass eḷaka „Schwelle“ bedeutet. Und „Stock“ und „Stößel“ sind zwar eindeutig, doch die Bedeutung der Wendungen in diesem Zusammenhang ist es nicht. Und wie wurde schließlich antara zu „über … hinweg“?
Diese ganze Übersetzung vermittelt den Eindruck, die Regeln der Jainas seien seltsam und beliebig gewesen. Doch obwohl sie in der Anwendung oft extrem erscheint, ist die Ethik der Jainas tatsächlich ausgesprochen rational und leitet sich ganz ausdrücklich von ihrem Grundwert der Gewaltlosigkeit ab.
Lassen Sie uns diese Begriffe nach ihrer gewöhnlichen Alltagsbedeutung übersetzen:
eḷaka = Schaf
daṇḍa = Stock, d. h. Waffe
musala = Stößel, aber auch Knüppel
antara = innerhalb
Ein Asket würde keine Speise annehmen,
wo drinnen ein Schaf oder eine Waffe oder ein Knüppel gehalten wird.
Nun ist es vollkommen einleuchtend. Ein Jaina würde keine Speise annehmen wollen, wo Tiere zum Schlachten gehalten werden oder wo der Besitz von Waffen auf einen Hang zur Gewalt hinweist.
Doch neben dem Gesagten gibt es noch eine andere Lesart für musala. In MN 81 wird der ideale Laienschüler in leuchtenden Ausdrücken beschrieben, wozu auch eine Reihe von Regeln für Ordensangehörige gehören. Eine davon ist, dass er, obwohl er von der Töpferei lebt, nicht die Erde aufgräbt, weder mit der Hand noch mit einem musala. Hier muss musala eine Art Hacke oder Spaten sein. Das würde auch in dem Jaina-Kontext passen, da die Jainas die Erde als ein lebendiges Wesen betrachteten und sie nicht verletzen wollten. Daher würden sie vielleicht kein Almosen aus einem Haus annehmen, wo es Grabwerkzeuge gibt.
Wie es der Zufall will, sind solche Beschränkungen, in einer dieser herrlichen Ironien der Geschichte, der Grund, warum die Jainas heute eine wohlhabende Gemeinschaft sind. Da sie keine Landwirtschaft betreiben konnten, wandten sie sich dem Handel zu, was damals mühselig war, sich aber auf lange Sicht als viel profitabler erwies.
Bier
In der gleichen Passage finden wir:
na suraṃ na merayaṃ na thusodakaṃ pivāmi
Thusodaka ist unklar und findet sich nur in dieser standardisierten Wendung. Aus dem Zusammenhang bezieht es sich offensichtlich auf eine Art alkoholisches Getränk. Thusa sind die Spelzen oder die Spreu von Getreide. Der Kommentar sagt, es sei ein aus Getreide fermentierter Sud. Bier ist eine der am weitesten verbreiteten und ältesten Arten von Sud. Oft wird es wohl etwas viel Gröberes gewesen sein als das, was wir heute kennen, ein dickes, brotähnliches Gebräu.
Es ist seltsam, dass es im Pali kein allgemeines Wort für Bier gibt, aber ich denke, das muss es sein. Thusodaka bezieht sich auf diese elementare Säule der Zivilisation, das Bier.*
Knotige Gelenke
Einige der eindrücklichsten bildlichen Darstellungen entstehen danach, wie der Buddha seinen Zustand extremer Auszehrung durch Fasten beschreibt. Sie haben alle die Bilder gesehen.
Der Buddha führt eine Reihe von Gleichnissen an, um seine Auszehrung zu beschreiben. Das erste davon besagt, seine Glieder seien folgendermaßen geworden:
āsītikapabbāni vā kāḷapabbāni vā
Nun stimmen alle Quellen, die ich gesehen habe, darin überein, dass es sich dabei um eine Art Schlingpflanze handelt. Das betrifft nicht nur die Paliquellen, sondern auch die verschiedenen Sanskrit-Wörterbücher. Der Ehrwürdige Bodhi schließt sich dem an, indem er es mit „die knotigen Abschnitte der Triebe von Lianen oder Bambus“ wiedergibt. Die Wendung scheint sehr alt zu sein, da sie fast identisch in den Sanskrit-Parallelen bewahrt wurde.
Seltsamerweise ist aber weder āsītika noch kāḷa irgendwo sonst als eine Art Schlingpflanze belegt. Man würde erwarten, dass wenigstens eins der beiden irgendwo vorkommen würde, aber alle Wörterbucheinträge gehen auf diese eine Stelle zurück. Sie müssen sich letztlich alle auf die Erklärung des Kommentars verlassen.
Was noch seltsamer ist, ist die Tatsache, dass diese Begriffe, wie in der Passage mit dem „Schaf“, die ich weiter oben diskutiert habe, tatsächlich gut bekannt sind, und ihre gewöhnliche Bedeutung passt wunderbar in diesen Zusammenhang.
āsītika = „ein Achtzigjähriger“
kāḷa = „tot“, d. h. „hat seine Zeit erreicht“
pabba = „Gelenk“ eines Menschen oder „Knoten“ bei einer Pflanze
Mit anderen Worten, der Bodhisatta wurde so ausgemergelt, dass seine Glieder waren wie:
die Gelenke eines Achtzigjährigen oder eines Verstorbenen.
Randbemerkung: In der Ausgabe, die ich benutze, wurde ein Satz ein wenig weiter unten in Bhikkhu Bodhis Übersetzung ausgelassen:
So kho ahaṃ, sāriputta, ‘vaccaṃ vā muttaṃ vā karissāmī’ti tattheva avakujjo papatāmi tāyevappāhāratāya.
Da ich so wenig aß, fiel ich beim Versuch, Kot oder Urin zu entleeren, eben da auf mein Gesicht.
*Inzwischen ist Bhikkhu Sujato zu dem Schluss gekommen, dass das Paliwort für Bier surā ist und es sich bei thusodaka um eine fermentierte Grütze handelt.

