Dhammaregen-Newsletter Januar 2025
Neues rund um Dhammaregen und frühe buddhistische Texte
Der heutige Newsletter widmet sich dem Thema Meditation und stellt die Frage, warum der Buddha die Übung von Samādhi so dringend empfiehlt, obwohl dieser an sich nicht zur Befreiung führt. Diesmal werden mehrere längere Lehrreden angesprochen, und vielleicht finden Sie über den Jahreswechsel ja auch genügend Zeit dafür. Ich finde sie alle wirklich interessant und bereichernd, und ich hoffe, Sie auch!
Wozu all das Glück?
Im letzten Newsletter, der die Lehrrede MN 8 unter die Lupe genommen hat, haben wir gehört, dass die Vertiefungen zwar selige Zustände sind, aber nicht mit der Befreiung gleichgesetzt werden können. Dennoch wird ihre Übung am Ende der Lehrrede vom Buddha empfohlen. Warum? Schließlich ist es doch das erklärte Ziel des buddhistischen Weges, das Leiden endgültig auszurotten, und nicht, sich vorübergehend während einer Meditation glücklich zu fühlen.
In MN 139 sagt der Buddha ausdrücklich, man solle das Glück der Vertiefungen nicht fürchten, sondern pflegen und entwickeln:
Da tritt ein Mönch, ganz abgeschieden von den Sinnenfreuden, abgeschieden von untauglichen Eigenschaften, in die erste … zweite … dritte … vierte Vertiefung ein und verweilt darin … Das nennt man das Glück der Entsagung, das Glück der Abgeschiedenheit, das Glück des Friedens, das Glück des Erwachens. Solches Glück soll man pflegen, entwickeln und mehren, und man soll es nicht fürchten, sage ich.
Dem wird – hier wie in vielen anderen Suttas auch – das Glück der Sinnenfreuden gegenübergestellt, von dem es heißt:
Solches Glück soll man nicht pflegen, entwickeln oder mehren, sondern man soll es fürchten, sage ich.
In MN 36 schildert der Buddha dem jungen Saccaka, wie ihm selbst bei seiner Suche nach dem Erwachen der Unterschied zwischen diesen beiden Arten von Glück klar wurde:
‚Warum fürchte ich mich vor dieser Seligkeit, hat sie doch nichts mit Sinnenfreuden oder untauglichen Eigenschaften zu tun?‘ Da dachte ich: ‚Ich fürchte mich nicht vor dieser Seligkeit, denn sie hat nichts mit Sinnenfreuden oder untauglichen Eigenschaften zu tun.‘
Was ist der Zweck?
In AN 11.1 erklärt der Buddha dem Ehrwürdigen Ānanda ausführlich, was der Zweck der Übung ist, die er lehrt, für jeden einzelnen Schritt, angefangen mit Sittlichkeit bis hin zum Erkennen und Sehen der Freiheit. Und auf dem Weg von A nach B gibt es eine Menge glücklicher und seliger Zustände! Der Zweck besteht aber nicht darin, in diesen Zuständen zu schwelgen, sondern sie dienen dem Erreichen des jeweils nächsten Schrittes.
Jetzt verstehen wir auch, warum die Empfehlung zur Praxis der Vertiefungen in MN 8 erst am Ende gegeben wird, denn vor der Stille und Seligkeit der Versenkung muss erst ein bisschen aufgeräumt werden. Was in AN 11.1 kursorisch unter dem Stichwort „taugliche Sittlichkeit“ aufgeführt wird, ist in MN 8 in 44 negativen Eigenschaften und Verhaltensweisen unter fünf verschiedenen Blickwinkeln aufgegliedert. MN 8 blickt sozusagen mit dem Vergrößerungsglas auf den ersten Schritt, während AN 11.1 das Thema Versenkung in einzelne Schritte aufgliedert.
Was ich besonders wichtig finde, ist, dass es einen ursächlichen Zusammenhang zwischen den einzelnen Schritten gibt. Ohne den ersten Schritt ist der zweite nicht möglich, ohne den zweiten der dritte nicht und ohne den dritten der vierte nicht. Dem Buddha scheint dieser Punkt besonders am Herzen gelegen zu haben, denn in seinem Vermächtnis, den Unterweisungen, die er in den letzten Monaten vor seinem Tod gab, weist er wieder und wieder darauf hin, in etwas anderer und kürzerer Formulierung:
„So ist Sittlichkeit, so ist Versenkung, so ist Weisheit. Wenn Versenkung von Sittlichkeit durchdrungen ist, bringt sie reiche Frucht und großen Vorteil. Wenn Weisheit von Versenkung durchdrungen ist, bringt sie reiche Frucht und großen Vorteil. Wenn der Geist von Weisheit durchdrungen ist, ist er richtig von den Befleckungen befreit: nämlich von den Befleckungen der Sinnlichkeit, des Wunsches nach Wiedergeburt und der Unwissenheit.“
Diese Passage finden wir insgesamt acht (!) Mal in DN 16, der Lehrrede vom letzten Lebensabschnitt des Buddha.
Vertiefung oder klares Sehen?
Was ist nun wichtiger für die Befreiung, die Übung der Vertiefungen oder das klare Sehen? Das ist eine Streitfrage, über die man des Öfteren Diskussionen hört. Der Buddha misst beiden Aspekten des Pfades offenbar gleichen Wert zu, beide tragen ihren Teil zur Befreiung bei. Das wird aus den hier zitierten Passagen ebenso deutlich wie aus zahlreichen anderen Stellen überall im Kanon. Dennoch scheinen Menschen zu denken, eins sei wichtiger und das andere von geringerer Bedeutung. Und das nicht erst in unserer Zeit.
AN 6.46 berichtet, wie solche Diskussionen bereits zu Lebzeiten des Buddha stattfanden und wie der Ehrwürdige Mahācunda die Streithähne zurechtwies. Und er betont, dass Menschen, die den einen oder anderen dieser beiden Aspekte vervollkommnet haben, selten anzutreffen sind und den höchsten Respekt verdienen!
Lesen Sie zu diesem Thema auch Ajahn Brahmalis interessantes Büchlein.
Der Dhammaregen-Newsletter schließt heute mit einer Strophe aus dem Itivuttaka:
„Wenn die Wesen von Hass überwältigt sind,
gehen sie zu einem schlechten Ort.
Wenn sie diesen Hass richtig verstanden haben,
geben die Klarsichtigen ihn auf.
Wenn sie ihn einmal aufgegeben haben,
kehren sie nie mehr in diese Welt zurück.“
Das soll unser Neujahrswunsch sein: dass Hass überall in der Welt richtig verstanden und aufgegeben wird! Frohes Neues Jahr 2025! 🎉
🔸 Neu auf Dhammaregen
Seit dem letzten Newsletter wurde folgende Wiki-Seite hinzugefügt:
Auf wiederholte Nachfragen über Metta-Meditation hat das Dhammaregen-Wiki jetzt eine Infoseite zum Thema.
Seit dem letzten Newsletter wurden folgende Suttas hinzugefügt:
MN 79-80
Ja 17-20
Übersicht über alle Übersetzungen
🔸 Sutta-Erkundungen
Die Sutta-Erkundungen sind ein monatliches Online-Format zum Studium der Suttas in einer Gruppe, das sich an die lectio divina aus der alten christlichen Klostertradition anlehnt. Das ermöglicht ein eher meditatives Herangehen an die Suttas. Die Sutta-Erkundungen finden jeden ersten Freitag im Monat statt.
Nächste Termine: 3. Januar, 7. Februar und 7. März 2025 jeweils 18:30 – 20:00 h MEZ.
Bei Interesse senden Sie bitte eine Email an dhammaregen@gmail.com. Sie werden dann eine Einladung mit den Zoom-Zugangsdaten erhalten.
🔸 Geleitete Meditation
Für die iSangha-Gruppe des Klosters Tilorien wird von Silashin Sabbamitta am zweiten Dienstag jeden Monats eine angeleitete Meditation in deutscher Sprache angeboten. Der nächste Termin ist der 11. Februar 2025 von 18:00 bis 19:00 Uhr MEZ. Bei Interesse senden Sie bitte eine Email an dhammaregen@gmail.com, damit Sie in den Verteiler aufgenommen werden und die Zoom-Zugangsdaten erhalten können.
🔸 Newsletter-Empfang
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