Dhammaregen-Newsletter August 2024
Neues rund um Dhammaregen und frühe buddhistische Texte
„Wie wenn die Himmel in dicken Tropfen auf einen Berggipfel regnen, und das Wasser fließt bergab und füllt die Hohlräume, Spalten und Bäche. Wenn sie voll werden, füllen sie die Teiche. Die Teiche füllen die Seen, die Seen füllen die Flüsse, und die Flüsse füllen die Ströme. Und wenn die Ströme voll werden, füllen sie das Weltmeer.
Ebenso füllt der Faktor des Umgangs mit wahren Menschen, wenn er voll wird, den Faktor auf, der wahren Lehre zuzuhören. Wenn der Faktor, der wahren Lehre zuzuhören, voll wird, füllt er … Wissen und Freiheit auf.“
Das ist das Motto der Webseite Dhammaregen, und der heutige Newsletter geht einmal dem Regen und anderen Wetterphänomenen in den Suttas nach – und wird dabei erstaunlich poetisch. Außerdem stellt er ein paar interessante neue Funktionen vor.
Seit bald einem Jahr haben wir im Saarland ungewöhnlich viel Regen, und die trockenen Tage sind selten. Vielen Menschen schlägt das auf die Stimmung, und in der Landwirtschaft gibt es große Ausfälle. Im Indien zur Zeit des Buddha war Regen vor allem mit Fruchtbarkeit verbunden, aber auch mit Gefahr. Dieser Newsletter will einige der positiven und negativen Konnotationen unter die Lupe nehmen, die mit Regen und anderen Phänomenen von Wetter und Jahreszeiten verbunden sind.
Die Himmel regnen, wie ein süßes Lied, meine kleine Hütte ist gedeckt, angenehm und windgeschützt, mein Geist ist gesammelt: Drum regnet herab, ihr Himmel, wenn ihr wollt.
So dichtet der Ehrwürdige Godhika in seinem Theragāthā.
„Die Himmel“ ist hier die Übersetzung für Pali deva, wörtlich „Gott“, und die ursprüngliche Metapher, die dahinter steht, ist der vedische Gott Indra, der den Donnerkeil schleudert und Gewitter herabregnen lässt.
In den frühen Palitexten balanciert der Gebrauch zwischen diesem animistischen und einem naturalistischen Verständnis, wo deva einfach für „Regen“ steht. Vor allem in poetischen Passagen wird die Anspielung auf vedische Glaubensvorstellungen öfter deutlich, wohingegen die Suttas im Allgemeinen Naturphänomene eher naturalistisch präsentieren. „Die Himmel“ ist ein Versuch, diese Zweideutigkeit in der Übersetzung einzufangen.
Das gleiche Bild verwenden der Buddha und Dhaniya der Viehzüchter in einem längeren Gespräch, das ebenfalls in poetischer Form bewahrt ist. Dhaniya eröffnet das Gespräch:
„Ich habe meinen Reis gekocht und meine Milch gemolken, ich bleibe mit meiner Familie am Ufer der Mahī. Meine Hütte ist gedeckt, mein heiliges Feuer entzündet: Drum regnet herab, ihr Himmel, wenn ihr wollt.“
Worauf der Buddha entgegnet:
„Ich koche nicht vor Wut und habe Hartherzigkeit herausgezogen, ich bleibe eine Nacht am Ufer der Mahī. Meine Hütte ist weit offen, mein Feuer gelöscht: Drum regnet herab, ihr Himmel, wenn ihr wollt.“
Wobei das „gelöschte Feuer“ natürlich auf nibbāna, das Erlöschen, hinweist.
Lesen und hören Sie dieses interessante Gespräch: Lehrreden-Sammelband, Snp 1.2.
Natürlich wollten die Menschen schon immer gerne wissen, warum das Wetter so ist, wie es ist. Die Antwort des Buddha hier hat ihre Wurzeln in animistischen Vorstellungen:
„Was ist der Grund, Herr, was ist die Ursache, dass die Himmel manchmal regnen?“
„Mönch, da sind die Götter, die man Götter der Regenwolken nennt. Manchmal denken sie: ‚Warum tummeln wir uns nicht in unserer eigenen Art von Vergnügen?‘ Dann regnen die Himmel entsprechend ihrem Wunsch.
Das ist der Grund, das ist die Ursache, dass die Himmel manchmal regnen.“
Aber es gibt auch andere Erklärungen. In AN 5.197 gibt es neben animistischen auch naturalistische Erklärungen, und als Fünftes auch eine menschengemachte:
Dann werden da die Menschen prinzipienlos. Das ist der fünfte Umstand, der den Regen verhindert, den die Wetterkundigen nicht kennen und den ihr Auge nicht durchquert.
Die Vorstellung, dass menschliches Verhalten einen Einfluss auf die Umwelt hat, finden wir in den Suttas wiederholt. In AN 4.70 gibt es eine genauere Analyse:
„Zu einer Zeit, zu der Könige prinzipienlos sind, werden auch königliche Beamte prinzipienlos. Wenn königliche Beamte prinzipienlos sind, werden auch Brahmanen und Hausbesitzer prinzipienlos. Wenn Brahmanen und Hausbesitzer prinzipienlos sind, werden auch die Menschen in Stadt und Land prinzipienlos. Wenn die Menschen in Stadt und Land prinzipienlos sind, wird der Lauf von Sonne und Mond unregelmäßig … bewegen sich die Sterne und Sternbilder unregelmäßig … werden Tage und Nächte unregelmäßig … werden Monate und halbe Monate unregelmäßig … werden die Jahreszeiten und Jahre unregelmäßig … wehen die Winde unregelmäßig und ungeordnet … werden die Gottheiten zornig … lassen die Himmel nicht genug Regen fallen … reift die Feldfrucht schlecht. Wenn die Menschen Feldfrüchte essen, die schlecht gereift sind, wird ihr Leben kürzer, sie werden hässlich, schwach und kränklich.
Oder, um es mit dem Sprichwort zu sagen: „Der Fisch stinkt vom Kopf.“
In den Geschichten aus früheren Leben des Buddha, Jātaka 334, wird erzählt, wie ein König diese Weisheit dem Praxistest unterzieht.
Ausreichend Regen ist eine Wohltat für Mensch und Natur, daher wird er auch als Gleichnis dafür benutzt, Gutes zu tun:
Die donnernde Regenwolke, von hundertfältigem Blitz umzuckt, ergießt sich über die reiche Erde und tränkt Hochland und Niederungen. Ebenso übertrifft ein kluger Mensch, der das Sehen vervollkommnet hat, ein Schüler des vollkommen erwachten Buddha, einen geizigen Menschen in fünffacher Hinsicht: an langem Leben und Ruhm, an Schönheit und Glück. Von Reichtümern überhäuft, geht er fort, um sich im Himmel zu erfreuen.
Lesen und hören Sie die Unterredung des Buddha mit der Prinzessin Sumanā: Nummerierte Lehrreden, AN 5.31.
Aber auch der wolkenlose Himmel und die strahlende Sonne werden als Gleichnis verwendet:
Wie wenn zur Herbstzeit der Himmel klar und wolkenlos ist: Wenn die Sonne zum Himmelszelt aufsteigt und alle Dunkelheit aus dem Raum vertrieben hat, leuchtet und glüht und strahlt sie. Ebenso wiegt von allen Grundlagen für das Schaffen von weltlichem Verdienst keine auch nur den sechzehnten Teil der Erlösung des Herzens durch Liebe. Die Erlösung des Herzens durch Liebe übertrifft sie alle, sie leuchtet und glüht und strahlt.
Lesen und hören Sie „So wurde es gesagt“, Iti 27.
Der Buddha vergleicht auch verschiedene Arten von Menschen mit verschiedenen Arten von Wolken:
Ebenso gibt es in der Welt vier Menschen, die Wolken gleichen.
Welche vier?
Einen, der donnert, ohne zu regnen,
einen, der regnet, ohne zu donnern,
einen, der weder donnert noch regnet,
und einen, der sowohl donnert als auch regnet.
Erfahren Sie, was es damit auf sich hat: Nummerierte Lehrreden, AN 4.102.
Doch wie wir hier im Saarland kürzlich an Pfingsten feststellen mussten, und anderswo noch wesentlich schlimmer, kann das erfrischende Wasser auch zu viel werden. So benutzt der Buddha als Meister der Gleichnisse, der er ist, das Bild der „Flut“ für all die Gefahren, die uns während des endlosen Umherwanderns von Leben zu Leben begegnen:
Selbst wenn er Blumen pflückt, sein Geist von ihnen gefangen, rafft einen Mann der Tod hinweg, wie eine mächtige Flut ein schlafendes Dorf fortreißt. Dhammasprüche, Dhp 47
Und neben der Metapher vom erlöschenden Feuer ist das Überqueren der Flut ein gebräuchliches Gleichnis für das Erreichen des spirituellen Ziels. Nur ein Beispiel von vielen:
„Guter Herr, wie hast du die Flut überquert?“ „Nicht stehend und nicht schwimmend, Herr, habe ich die Flut überquert.“ „Aber wie hast du nicht stehend und nicht schwimmend die Flut überquert?“ „Wenn ich stand, ging ich unter. Und wenn ich schwamm, wurde ich fortgerissen. So habe ich nicht stehend und nicht schwimmend die Flut überquert.“ Verbundene Lehrreden, SN 1.1
Und nach dieser Flut an poetischer Inspiration wendet sich der Dhammaregen-Newsletter nun noch einigen praktischen Themen zu.
Technische Neuerungen auf Dhammaregen
Wiedergabelisten
Wir haben ein paar Suttas, die sich mit dem Thema Regen beschäftigen. Stellen Sie sich vor, Sie möchten Ihrer Freundin einen Link zu diesen Suttas schicken. In diesem Newsletter werden elf verschiedene Suttas vorgestellt – da müssten Sie Ihrer Freundin elf einzelne Links schicken.
Wir dachten uns, das könnte doch auch anders gehen, und Karl Lew hat eine neue Karte für Wiedergabelisten (Suttalisten) entwickelt. Hier sind alle elf Suttas in einem einzigen Link!
Wir machen es uns jetzt aber einfacher und wählen drei Suttas aus, SN 32.57, Thag 1.51 und Iti 27. Wir gehen folgendermaßen vor:
Suchkarte öffnen mit 🔍
Sutta-Kennziffern eintippen, getrennt durch Kommas (ohne Leerzeichen):
sn32.57,thag1.51,iti27„Enter“ drücken
rechts oben auf das 🗣️-Symbol klicken
Suttakarte mit Wiedergabeliste öffnet sich
Internet-Adresse aus der Adresszeile kopieren und der Freundin schicken
Über die Schaltflächen am oberen und unteren Ende der Karte kann zwischen den einzelnen Texten gewechselt werden. Wenn Sie die Suttas mit der Audiofunktion wiedergeben, springt die Wiedergabe am Ende eines Textes automatisch zum nächsten.
Viel Freude beim Lesen, Hören und Weiterleiten!
Digitales Paliwörterbuch (DPD, Pali-Englisch)
Im englischsprachigen Raum macht das neue digitale Paliwörterbuch, das „Digital Pali Dictionary“ (DPD) des Ehrwürdigen Bodhirasa, in letzter Zeit Furore. Es ist eine gewaltige Hilfe für das Verstehen der Palitexte und wirklich eine neue Dimension von Wörterbuch. Es gibt nicht nur einfach die Bedeutung eines Wortes wieder, wenn man mühevoll die Stammform davon herausgefunden hat, sondern ist in der Lage, anhand eines deklinierten oder konjugierten Wortes die Stammform zu erkennen, die Grammatik zu analysieren und Vieles mehr.
Karl Lew arbeitet daran, eine vereinfachte Form dieses Wörterbuches in unsere Audiowebsiten (SC-Voice, Dhammaregen und FR.SC-Voice) zu integrieren, vorerst mit englischen Wortdefinitionen.
Klicken Sie auf Dhammaregen auf ein Paliwort und lassen Sie sich überraschen!
Wenn Sie auf das Paliwort in der Wörterbuchanzeige klicken, öffnet sich eine separate Wörterbuchkarte mit weiteren Informationen.
Für diejenigen, die Englisch verstehen, gibt es hier Anleitungen zur lokalen Installation des DPD in unterschiedlichen Betriebssystemen.
Neue Texte auf Dhammaregen
Seit dem letzten Newsletter wurden folgende Essays hinzugefügt:
Bhikkhu Sujato, Der Brahmane, der „huṁ“ sagte: zum Essay
Seit dem letzten Newsletter wurden folgende Suttas hinzugefügt:
MN 70-73, MN 147
Übersicht über alle Übersetzungen
Sutta-Erkundungen
Die Sutta-Erkundungen sind ein monatliches Online-Format zum Studium der Suttas in einer Gruppe, das sich an die lectio divina aus der alten christlichen Klostertradition anlehnt. Das ermöglicht ein eher meditatives Herangehen an die Suttas. Die Sutta-Erkundungen finden jeden ersten Freitag im Monat statt.
Nächste Termine: 2. August, 6. September und 4. Oktober 2024 jeweils 18:30 – 20:00 h MESZ.
Bei Interesse senden Sie bitte eine Email an dhammaregen@gmail.com. Sie werden dann eine Einladung mit den Zoom-Zugangsdaten erhalten.
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