Dhammaregen-Newsletter Februar 2023
Neues rund um Dhammaregen und frühe buddhistische Texte
Der heutige Newsletter greift einmal ein Thema aus Suttas auf, die ich bereits vor längerer Zeit übersetzt habe, nämlich die sechs Gegenstände zur Besinnung. Und er erinnert an eine in Deutschland geborene Nonne, die Schülerin des Ehrwürdigen Nyanaponika war.
Sechs Gegenstände zur Besinnung
Die sechs Gegenstände zur Besinnung finden wir unter dieser Bezeichnung vor allem im Sechserbuch des Aṅguttara-Nikāya, ansonsten aber auch an anderen Stellen im Kanon, zum Teil in leichter Variation.
AN 6.9 enthält die kürzest mögliche Darstellung des Themas, quasi eine Gedächtnisstütze, wenn man eigentlich schon weiß, um was es geht:
„Mönche und Nonnen, es gibt sechs Gegenstände zur Besinnung. Welche sechs? Die Besinnung auf den Buddha, auf die Lehre, auf den Saṅgha, auf sittliches Verhalten, auf Großzügigkeit und auf die Gottheiten. Das sind die sechs Gegenstände zur Besinnung.“
Andere Suttas führen dann die sechs Gegenstände weiter aus und bringen die Standardformeln für jeden einzelnen, die sicher dafür gedacht sind, dass man sie auswendig kann und sich beim Meditieren innerlich aufruft. Anschließend wird die Wirkung dieser Übung auf den Geist beschrieben, zum Beispiel in AN 6.26:
Zu einer Zeit, zu der ein edler Schüler sich auf den Klargewordenen (die Lehre … den Saṅgha … usw.) besinnt, ist sein Geist nicht voller Gier, Hass und Täuschung. Zu dieser Zeit ist sein Geist unbeirrbar. Die Gier hat er hinter sich gelassen, ist frei von ihr und hat sich über sie erhoben. ‚Gier‘ ist ein Ausdruck für die fünf Arten sinnlicher Erregung. Dieser edle Schüler meditiert mit einem Herzen ganz wie der Raum – weit, ausgedehnt, grenzenlos, frei von Feindschaft und bösem Willen. Indem sie sich darauf stützen, werden manche Lebewesen auf diese Art rein.
Mit anderen Worten: Die Hindernisse werden zurückgedrängt und der Geist sammelt sich im Samādhi. Und dieser Samādhi, die tiefe Meditation, ermöglicht es dann, die befreienden Einblicke in die vier edlen Wahrheiten zu gewinnen. Aus diesem Grund ruft der Ehrwürdige Mahākaccāna in AN 6.26 begeistert aus:
„Es ist unglaublich, verehrte Freunde, es ist erstaunlich, wie der Gesegnete, der erkennt und sieht, der Vollendete, der vollkommen erwachte Buddha eine Öffnung in einem abgeschlossenen Raum gefunden hat, um die Wesen zu läutern, Kummer und Weinen zu überwinden, Schmerz und Traurigkeit ein Ende zu machen, den Kreislauf des Leidens zu beenden und das Erlöschen zu verwirklichen: nämlich die sechs Gegenstände zur Besinnung.
Was die Themen dieser Besinnungsübungen angeht, so möchte ich zwei etwas näher unter die Lupe nehmen und aus einem bestimmten Blickwinkel betrachten. Es sind die Themen vier und fünf, die Besinnung auf das eigene sittliche Verhalten und die eigene Großzügigkeit; und das sechste Thema geht in eine ähnliche Richtung. Man betrachtet hier seine eigenen positiven Eigenschaften und gewinnt daraus Freude.
Geht das denn? Darf man das? Das sind Fragen, die sich Menschen stellen, die in ihrer christlichen Erziehung gelernt haben, Stolz oder Hochmut sei eine Todsünde. Wenn ich auf meine eigenen Errungenschaften so positiv blicke, kann das denn gut sein?
Wie wir sehen, ist der Buddha hier offenbar anderer Meinung. Sich seiner eigenen guten Eingenschaften bewusst zu sein, vielleicht auch die Fortschritte zu betrachten, die man auf dem Pfad erreicht hat, ist geradezu ein Sprungbrett zu noch mehr guten Eigenschaften.
Und man muss sicher differenzieren zwischen der Freude an den eigenen guten Seiten und einem weiteren Schritt, nämlich dass man deswegen auf andere herabblickt und sich für etwas Besseres hält – Letzteres hat der Buddha durchaus kritisiert!
Auf ein paar Varianten möchte ich noch hinweisen:
AN 3.70 ist ein längeres Sutta, das die Gegenstände zur Besinnung (fünf statt sechs in diesem Fall) in das Einhalten des vierzehntägigen Besinnungstages einbettet.
AN 11.13, ebenfalls mit fünf Faktoren (wobei die Großzügigkeit fehlt), ersetzt die Besinnung auf den Saṅgha durch „gute Freunde“.
In AN 6.29 nennt der Ehrwürdige Ānanda fünf ganz andere Gegenstände zur Besinnung, die dann vom Buddha um einen sechsten ergänzt werden.
Ayya Mie Vimala von Königsberg
Manchmal entdecken Forscher eine bisher unbekannte Tier- oder Pflanzenart erst, wenn sie schon ausgestorben ist. So ähnlich erging es mir mit der Ehrwürdigen Mie Vimala von Königsberg: Ich habe von ihr erst mit der Nachricht von ihrem Tod erfahren.
Sie war eine Schülerin des Ehrwürdigen Nyanaponika, den sie in Sri Lanka, ihrer „Dhamma-Heimat“, traf. Dort lernte sie auch Bhikkhu Bodhi kennen, mit dem sie lebenslang in freundschaftlicher Verbindung blieb. Er verfasste zu ihren Ehren eine Gedenkschrift, die Sie hier in deutscher Übersetzung lesen können. Ich finde ihre Lebensgeschichte bewegend und hatte, als ich zum ersten Mal über sie las, das Gefühl: „Schade, dass ich zu spät von ihr gehört habe …“
Neu auf Dhammaregen
Seit dem letzten Newsletter wurden folgende Essays hinzugefügt:
In Memoriam: Ayya Mie Vimala – Zum Essay
Seit dem letzten Newsletter wurden folgende Suttas hinzugefügt:
SN 42.12-13; SN 43-45 – damit sind diese Saṁyuttas jetzt vollständig; SN 46.1-2, SN 46.4-43
Übersicht über alle Übersetzungen
Sutta-Erkundungen
Die Sutta-Erkundungen sind ein monatliches Online-Format zum Studium der Suttas in einer Gruppe, das sich an die lectio divina aus der alten christlichen Klostertradition anlehnt. Das ermöglicht ein eher meditatives Herangehen an die Suttas. Die Sutta-Erkundungen finden jeden ersten Freitag im Monat statt.
Nächste Termine: 3. Februar, 3. März und 7. April 2023, jeweils 18:30 – 20:00 h MEZ.
Bei Interesse senden Sie bitte eine Email an dhammaregen@gmail.com. Sie werden dann eine Einladung mit den Zoom-Zugangsdaten erhalten.
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