Dhammaregen-Newsletter Januar 2024
Neues rund um Dhammaregen und frühe buddhistische Texte
Der heutige Newsletter reist in die Vergangenheit zu dem weisen Seher Asita und seinem Neffen Nālaka. Er hört dem Buddha zu, wenn dieser über seine Suche spricht. Und er wünscht alles Gute im Neuen Jahr!
Geburt eines besonderen Menschen
Viele von uns kennen vermutlich die Geschichte, die aus den Tagen nach der Geburt des Buddha erzählt wird: Irgendetwas an dem Kind scheint besonders zu sein, und verschiedene Weise machen Prophezeiungen über seine Zukunft. Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder bleibt er im weltlichen Leben, dann wird er ein großer Herrscher; oder er entsagt Macht und Bequemlichkeit, dann wird er ein vollkommen erwachter Buddha.
Oder gibt es doch nur eine Möglichkeit?
Das Nālakasutta Snp 3.11 berichtet, wie der weise Seher Asita, nachdem er von den Göttern bereits die gute Nachricht erfahren hat, das neugeborene Kind besucht und ebenso wie seine Informanten zu der Überzeugung gelangt, einen künftigen Buddha vor sich zu haben. Er instruiert seinen Neffen Nālaka, den Namensgeber des Sutta, sich, wenn die Zeit reif ist, auf die Suche nach dem Buddha zu machen und seiner Lehre zu folgen – Asita selbst wird das nicht mehr erleben, da er zu alt ist.
Wenn wir das Sutta lesen, erscheint es im Vergleich zum Gros des Kanon ausgesprochen blumig und ausgeschmückt, und wir finden manche Einzelheiten, die in dieser Form sonst in den frühen Texten nicht zu finden sind. Andererseits geht diese Tendenz bei weitem nicht so weit wie in den späteren Buddhalegenden. Somit haben wir es hier wohl mit einer Zwischenstufe zu tun auf dem Weg von den frühen, eher nüchternen und sachlichen Texten zu der überbordend ausgeschmückten späteren Literatur.
Bhante Sujato hat die Merkmale dieses Sutta in diesem Essay ein wenig unter die Lupe genommen. Ich wünsche eine interessante Lektüre!
Die Suche des Buddha
Schauen wir uns zum Vergleich MN 26 an und hören, was der Buddha selbst über seine Suche sagt. Es ist eins der Suttas, in denen er darüber spricht, wie er praktizierte, bevor er den Weg zum Erwachen entdeckte. Nach seiner eigenen Schilderung war es nämlich keineswegs so, dass er von vornherein wusste, wo seine Bestimmung lag. Er suchte, irrte sich und suchte weiter …
Mönche und Nonnen, vor meinem Erwachen, als ich noch nicht erwacht war, aber zum Erwachen entschlossen, suchte auch ich, der ich selbst wiedergeboren werden musste, nach dem, was wiedergeboren werden muss. Der ich selbst alt werden, krank werden, sterben, Kummer erfahren und befleckt werden musste suchte nach dem, was alt werden, krank werden, sterben, Kummer erfahren und befleckt werden muss.
Die Suche nach diesen Dingen hat er zuvor als „unedle Suche“ beschrieben. Der Ausdruck „als ich noch nicht erwacht war, aber zum Erwachen entschlossen“ bezieht sich in den frühen Texten auf den künftigen Buddha, nachdem er aus dem Haus fortgezogen ist, bis zu dem Zeitpunkt, wo er ein Buddha wird. Das heißt, er zog nicht fort und wusste, wonach er zu suchen hatte, sondern er wusste es nicht.
Auch die ersten Lehrer, die er aufsucht, lehren nicht das, was ihn zum Ziel führt, sondern auch hier probiert er aus und „geht enttäuscht weg“. Ebenso ist es mit den derberen Übungen nach Art der Jainas, mit denen er es dann einige Jahre versucht und die in diesem Sutta ausgelassen werden.
Der Buddha findet seinen Weg also nicht nach einem festgelegten, vorherbestimmten Plan, sondern, genau wie wir, durch Versuch und Irrtum. Das macht ihn um so Vieles menschlicher als die überirdisch überhöhte Figur, die wir in späteren Legenden finden – die natürlich dem Bedürfnis Rechnung tragen, ihn nach seinem Tod „unvergänglich“ zu machen.
Ein anderer Punkt, in dem das Sutta von der „edlen Suche" einen Unterschied zu den späteren Legenden aufweist, ist die Motivation des künftigen Buddha. Wir kennen das unendliche Mitgefühl, von dem der Bodhisatta laut der Legenden über zahllose Leben hinweg bewogen wurde, zum Wohl aller Wesen nach Buddhaschaft zu streben. Nichts davon in MN 26. Hier ist der Bodhisatta lediglich davon motiviert, einen Ausweg aus dem endlosen Zyklus von Wiedergeburt und Tod zu finden. Erst als er erwacht ist und – auf Anregung Brahmās – darüber nachdenkt, dass es tatsächlich Wesen gibt, die die Lehre verstehen können, kommt Mitgefühl ins Spiel. Nicht als Motivation, um ein Buddha zu werden, sondern als Motivation, um, nachdem er ein Buddha ist, die Lehre zu verkünden.
MN 26 ist ein etwas längeres Sutta, aber es lohnt sich sehr zu lesen!
Neujahrswünsche
Zuletzt kommen nun meine Neujahrswünsche, und zwar mit diesen Strophen aus dem Dhammapāda, in die ich mich ein wenig verliebt habe:
Stets erfrischt wachen Gotamas Schüler auf, die sich Tag und Nacht beständig auf den Buddha besinnen. Stets erfrischt wachen Gotamas Schüler auf, die sich Tag und Nacht beständig auf die Lehre besinnen. Stets erfrischt wachen Gotamas Schüler auf, die sich Tag und Nacht beständig auf den Saṅgha besinnen. Stets erfrischt wachen Gotamas Schüler auf, die Tag und Nacht beständig Achtsamkeit auf den Körper üben. Stets erfrischt wachen Gotamas Schüler auf, deren Geist Tag und Nacht an Mildherzigkeit Gefallen findet. Stets erfrischt wachen Gotamas Schüler auf, deren Geist Tag und Nacht am Meditieren Gefallen findet. Dhp 296-301
Was ich daran mag, ist, dass die Strophen mit der scheinbar so einfachen Besinnung auf die drei Juwelen beginnen und von da aus den Pfad weiter entfalten. Diese Besinnungen sind nämlich am Ende gar nicht so „einfach“ im Sinn von „banal“, sondern haben eine sehr tiefgründige Reichweite.
Kommen Sie erfrischt ins Neue Jahr! Dass wir alle in diesem Sinn ein wenig tiefer in die Lehre und ihre Praxis eindringen und den Weg entfalten können!
✨ ✨ ✨
Neu auf Dhammaregen
Seit dem letzten Newsletter wurden folgende Essays hinzugefügt:
Snp 3.11 Nālakasutta, Über Nālaka – zum Essay
Seit dem letzten Newsletter wurden folgende Suttas hinzugefügt:
MN 3-4, MN 8, MN 26
Dhp 90-272, Dhp 290-305, Dhp 334-423; damit ist der Dhammapāda vollständig.
Snp 2.10, Snp 3.11, Snp 5.4, Snp 5.16, Snp 5.19
Übersicht über alle Übersetzungen
Sutta-Erkundungen
Die Sutta-Erkundungen sind ein monatliches Online-Format zum Studium der Suttas in einer Gruppe, das sich an die lectio divina aus der alten christlichen Klostertradition anlehnt. Das ermöglicht ein eher meditatives Herangehen an die Suttas. Die Sutta-Erkundungen finden jeden ersten Freitag im Monat statt.
Nächste Termine: 5. Januar, 2. Februar und 1. März 2024, jeweils 18:30 – 20:00 h MEZ.
Bei Interesse senden Sie bitte eine Email an dhammaregen@gmail.com. Sie werden dann eine Einladung mit den Zoom-Zugangsdaten erhalten.
Newsletter-Empfang
Wenn Sie in Zukunft unsere Nachrichten empfangen möchten, melden Sie sich mit einer formlosen Email an dhammaregen@gmail.com zum Newsletter an. Wenn Sie die Nachrichten nicht mehr empfangen möchten, senden Sie eine Email, um sich abzumelden.
Frühere Newsletter finden Sie im Newsletter-Archiv.


