Dhammaregen-Newsletter Juni 2023
Neues rund um Dhammaregen und frühe buddhistische Texte
Der heutige Newsletter befasst sich mit einem erzählerisch und doktrinal herausragenden Sutta, dem Sāmaññaphalasutta DN 2, „Die Früchte des Asketenlebens“. Außerdem weist er auf einen kleinen einführenden Text zum Buddhismus von Ajahn Brahm hin, der zum 50-jährigen Jubiläum der Buddhistischen Gesellschaft Westaustraliens (BSWA) nun auch in deutscher Übersetzung vorliegt, sowie auf die neue Anmerkungsfunktion auf SuttaCentral.
Das Sāmaññaphalasutta
Das Sāmaññaphalasutta DN 2 erzählt die Geschichte, wie der König Ajātasattu von Magadha den Buddha besucht und ihm eine Frage stellt. Und in dieser einfachen Geschichte steckt so viel drin!
DN 2 ist eines der Suttas mit dem interessantesten erzählerischen Aufbau. Von Anfang an wird eine Spannung aufgebaut, die erst am Ende des Sutta gelöst wird: Der König lebt mit einer inneren Unruhe, für die er Trost bei einem kompetenten spirituellen Lehrer sucht, einem „Seelsorger“ im wahrsten Sinn des Wortes. Welcher Grund dahintersteckt, oder vielleicht welcher Abgrund, erfahren wir erst am Ende. Und auch sonst werden viele Elemente, die später in der Erzählung klarer ausgeführt werden, vorher bereits angedeutet. Wenige Suttas beweisen so viel Sorgfalt und Mühe beim erzählerischen Aufbau.
Der König spricht zu seinen Ministern:
„Oh ihr Herren, diese Mondnacht ist so überaus entzückend, so schön, so strahlend, so anmutig, so bemerkenswert! Welchem Asketen oder Brahmanen könnte ich heute meine Aufwartung machen, bei wem könnte mein Geist Frieden finden, wenn ich ihm meine Aufwartung machte?“
Die königlichen Minister schlagen nacheinander die bekannten Lehrer der damaligen Zeit vor, aber der König geht darauf nicht ein. Auch hier erfahren wir später, warum das so ist: Er hat bereits alle diese Leute besucht, aber zu mehr Frieden konnten sie ihm anscheinend nicht verhelfen.
Schließlich wird der Arzt Jīvaka um Rat gefragt, und er rät dem König, zum Buddha zu gehen – was dieser mit all seinem königlichen Prunk tut.
„Die Elefanten sind bereit, Majestät. Bitte geh nach deinem Belieben.“
Da ließ der König Ajātasattu auf jede der 500 Elefantenkühe eine Frau steigen, während er seinen Elefantenbullen bestieg. Mit Dienern, die Fackeln trugen, brach er in vollem königlichem Prunk von Rājagaha zu Jīvakas Mangowäldchen auf.
Warum 500 Frauen? Bhante Sujato macht dazu folgende Anmerkung:
Indische Könige wurden innerhalb des Harems von bewaffneten Frauen bewacht (Kauṭilyas Arthaśāstra 1.21.1), auch auf der Jagd (Megasthenes’ Indica, via Strabo XV. i. 53–56). Diese Passage könnte der älteste Hinweis auf diese lange geübte Praxis sein.
Aber brauchte der König tatsächlich Wachen? Der Text fährt hier fort:
Doch als er sich dem Mangowäldchen näherte, wurde der König von Furcht und Entsetzen gepackt und seine Haare sträubten sich. Er sagte zu Jīvaka:
„Mein lieber Jīvaka, ich hoffe, du täuschst mich nicht! Ich hoffe, du betrügst mich nicht! Ich hoffe, du lieferst mich nicht meinen Feinden aus! Denn wie in aller Welt ist es möglich, dass es in einem so großen Saṅgha von 1250 Mönchen und Nonnen kein Husten oder Räuspern oder sonst ein Geräusch gibt?“
So misstrauisch ist der König in seiner inneren Qual, dass er sogar die Anzeichen, die auf den tiefen Frieden dieser Versammlung hinweisen, als Gefahr missdeutet! Aber schließlich schafft er es, hinzugehen und mit dem Buddha ein Gespräch zu beginnen.

Den Buddha lernen wir hier als einfühlsamen Gesprächspartner kennen, der, obwohl er um die Verbrechen Ajātasattus weiß, mitfühlend auf ihn eingeht und es versteht, sein Vertrauen zu gewinnen. Ajātasattu äußert dann schließlich seine Frage:
„Herr, es gibt viele verschiedene berufliche Tätigkeitsfelder. Dazu zählen Elefantentruppen, Reitertruppen, Streitwagentruppen, Bogenschützen, Fahnenträger, Schlachtordner, Proviantversorger, Kriegerfürsten, Prinzen, Pioniere, große Krieger, Helden, in Leder gekleidete Soldaten und Söhne von abhängigen Dienern. Es zählen dazu auch Bankiers, Barbiere, Bader, Köche, Kranzbinder, Färber, Weber, Korbflechter, Töpfer, Buchhalter, Fingerzähler oder die, die ähnlichen Berufen nachgehen. Sie alle leben von den Früchten ihres Berufs, die in diesem Leben sichtbar sind. Sie machen damit sich selbst glücklich und froh, machen Mutter und Vater, Frauen und Kinder sowie Freunde und Kollegen glücklich und froh. Und sie richten eine feierliche religiöse Gabe für Asketen und Brahmanen aus, die in den Himmel führt, die zu Glück heranreift und den Weg zum Himmel bereitet.
Herr, kannst du eine Frucht des Asketenlebens aufzeigen, die ebenso in diesem Leben sichtbar ist?“
Und nachdem wir zunächst erfahren, was andere Asketen auf die gleiche Frage geantwortet haben, legt der Buddha nun die berühmte „stufenweise Schulung“ dar, die damit beginnt, dass ein erwachter Buddha in der Welt erscheint, dass jemand dessen Lehre hört und Vertrauen fasst, und die schließlich mit dem Erwachen dieses Schülers endet. DN 2 ist das Sutta, in dem diese stufenweise Schulung am ausführlichsten dargelegt ist.
Die stufenweise Schulung besteht aus drei Hauptgruppen, nämlich der Sittlichkeit, der Meditation und der Weisheit, und ist somit eine ausführliche Erweiterung des edlen achtfachen Pfades; so ausführlich, dass wir sie hauptsächlich in der Sammlung der Langen Lehrreden, dem Dīgha-Nikāya, finden.
Wir finden in der Beschreibung der stufenweisen Schulung lebendige Illustrationen des Lebens der damaligen Zeit, einschließlich anscheinend gängiger Freizeitbeschäftigungen und einiger etwas anderer Arten von Berufen, und wir finden lebhafte und anschauliche Gleichnisse für die fünf Hindernisse, die vier Vertiefungen und die verschiedenen höheren Erkenntnisse, die auch in anderen Suttas wiederholt werden. Und wir sehen, wie die Schulung, zu der der Buddha anleitet, durchgängig von Freude und positiven Emotionen geprägt ist. Genug, um einen König zu überzeugen, dass es tatsächlich Früchte des Asketenlebens gibt, die man in diesem Leben erfahren kann.
Und nachdem König Ajātasattu von der Unterweisung des Buddha erhoben und erfreut ist, fasst er den Mut, vor der ganzen Versammlung von dem zu sprechen, was ihn bedrückt – und das ist wahrhaftig nichts Geringes!
Aber lesen Sie selbst das Sāmaññaphalasutta, auf Dhammaregen oder auf SuttaCentral mit Bhante Sujatos Anmerkungen (… ein Vorgriff auf das Folgende).
Neu auf SuttaCentral
Als eine seiner neueren Entwicklungen unterstützt SuttaCentral nun auch Anmerkungen zu Sutta- und Vinayatexten, sofern diese nach der neuen segmentierten Methode erstellt sind (also nicht zu den übernommenen Texten älterer Übersetzungen).
Bhante Sujato hat begonnen, seine Übersetzungen ausführlich mit solchen Anmerkungen zu versehen, die auf Englisch inzwischen für die Texte des Khuddaka-Nikāya und des Dīgha-Nikāya veröffentlicht sind. Die Anmerkungen enthalten allgemeine einführende Erläuterungen für Leser, die mit den Suttas noch nicht so vertraut sind, viele historische und kulturelle Hintergrundinformationen sowie auch einige speziellere Erklärungen zum Verständnis des Pali und der Wahl der Übersetzung.
Ich habe mich entschlossen, diese Anmerkungen in mein Übersetzungsprojekt mit einzubeziehen, und habe mit den ersten Suttas des Dīgha-Nikāya begonnen. Sie finden nun also Anmerkungen in deutscher Sprache zu DN 1, DN 2 und DN 3 auf SuttaCentral.
(Bitte achten Sie auf die Einstellungen, die Sie unter „views“ in der oberen Leiste der SuttaCentral-Webseite finden. Sie sind notwendig, damit Segmentnummern und segmentbezogene Informationen angezeigt werden können. Die hier gegebenen Links sind entsprechend voreingestellt und zeigen zusätzlich auch den Palitext. Bitte achten Sie auch darauf, dass die Sprache auf SuttaCentral auf „Deutsch“ eingestellt ist.)
Neu auf Dhammaregen
Seit dem letzten Newsletter wurden folgende Essays hinzugefügt:
Ajahn Brahm: Was ist Buddhismus? – Zum Essay
Seit dem letzten Newsletter wurden folgende Suttas hinzugefügt:
DN 8
MN 143
Übersicht über alle Übersetzungen
Sutta-Erkundungen
Die Sutta-Erkundungen sind ein monatliches Online-Format zum Studium der Suttas in einer Gruppe, das sich an die lectio divina aus der alten christlichen Klostertradition anlehnt. Das ermöglicht ein eher meditatives Herangehen an die Suttas. Die Sutta-Erkundungen finden jeden ersten Freitag im Monat statt.
Nächste Termine: 7. Juli, 4. August und 1. September 2023, jeweils 18:30 – 20:00 h MEZ.
Bei Interesse senden Sie bitte eine Email an dhammaregen@gmail.com. Sie werden dann eine Einladung mit den Zoom-Zugangsdaten erhalten.
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