Dhammaregen-Newsletter September 2021
Neues rund um Dhammaregen und frühe buddhistische Texte
Der neue Newsletter schaut sich im Aṅguttara-Achterbuch etwas um und macht auch noch ein paar Abstecher in andere Nikāyas und zur Archäologie. Er geht der Frage nach, ob der Buddha Humor hatte, und hat Teil 2 des Dhammaregen-Erklärvideos.
Gebügelte Roben oder himmlische Nymphen …
… oder am Ende vielleicht doch ein Arahant werden?
Der Ehrwürdige Nanda, Cousin und Halbbruder des Buddha, begegnet uns in den „Verbundenen Lehrreden mit Mönchen“ des Saṁyutta-Nikāya. Ein bisschen auffällig kommt er schon daher:
Da legte der Ehrwürdige Nanda – der Cousin des Buddha von mütterlicher Seite – schön geplättete und gebügelte Roben an, trug Lidschatten auf und nahm eine polierte schwarze Schale. Er ging zum Buddha, verbeugte sich und setzte sich zur Seite hin.
Der Buddha findet diesen Auftritt nicht so überzeugend und belehrt Nanda über die angemessene Verhaltensweise für Mönche. Anscheinend lässt sich Nanda davon umstimmen, denn das kurze Sutta endet:
Nach einiger Zeit lebte der Ehrwürdige Nanda in der Wildnis, aß nur Almosen, trug Fetzenroben und schenkte Sinnenfreuden keine Beachtung.
Lesen und hören Sie SN 21.8.
Dass es bei dieser Bekehrung genauso schillernd zuging wie bei Nandas erstem Auftritt, geht aus der lapidaren Bemerkung „nach einiger Zeit“ allerdings nicht hervor. Um das zu erfahren, müssen wir einen kleinen Umweg über das Udāna nehmen. In Ud 3.2 hört der Buddha, dass Nanda die Robe ablegen und wieder zum Laienleben zurückkehren will und nimmt ihn daraufhin mit auf einen Ausflug zu den Göttern der Dreiunddreißig:
Zu dieser Zeit waren fünfhundert taubenfüßige Nymphen gekommen, um Sakka dem Götterkönig aufzuwarten. Da sagte der Buddha zu Nanda: „Nanda, siehst du diese fünfhundert taubenfüßigen Nymphen?“
„Ja, Herr“, antwortete er.
„Was meinst du, Nanda? Wer ist anziehender, sieht besser aus und ist anmutiger: die Schönste im ganzen Sakyerland oder diese fünfhundert taubenfüßigen Nymphen?“
„Im Vergleich zu diesen fünfhundert taubenfüßigen Nymphen ist die Schönste im ganzen Sakyerland wie eine missgestaltete Äffin, der Ohren und Nase abgeschnitten wurden. Im Vergleich zu diesen fünfhundert taubenfüßigen Nymphen zählt sie nicht, da ist kein Vergleich, sie ist nicht einen Bruchteil wert. Diese fünfhundert taubenfüßigen Nymphen sind weitaus anziehender, sehen besser aus und sind anmutiger.“
„Freue dich, Nanda, freue dich! Ich sichere dir fünfhundert taubenfüßige Nymphen zu.“
„Herr, wenn du mir fünfhundert taubenfüßige Nymphen zusicherst, will ich freudig unter dem Buddha das geistliche Leben führen.“
Lesen und hören Sie Ud 3.2.
Nanda reicht es schließlich, von seinen Mitmönchen ständig wegen seiner Vorliebe für Nymphen aufgezogen zu werden, und so setzt er sich dann tatsächlich auf den Hosenboden und tut, wozu der Buddha ihm im Sutta des Saṁyutta-Nikāya geraten hat … mit Erfolg. Und zwar so sehr, dass der Buddha ihn in AN 8.9 sogar als Vorbild vor den Mönchen und Nonnen herausstellt. Womit wir wieder im Aṅguttara-Nikāya bei unserem Achterbuch gelandet wären.
Lesen und hören Sie AN 8.9.
Nördliche schwarze polierte Keramik
Ich möchte den Ehrwürdigen Nanda aber noch nicht ganz verlassen, ohne einen etwas genaueren Blick auf die polierte Schale geworfen zu haben, mit der er in SN 21.8 Eindruck zu machen versucht.
Es gibt nur relativ wenige archäologische Zeugnisse, die aus der Zeit des Buddha überliefert sind. Bhante Sujato weist in seinem Artikel Nanda und nördliche schwarze polierte Keramik darauf hin, dass die Kultur, in der der Buddha lebte, zeitlich und geographisch mit der als „nördliche schwarze polierte Keramik“-Kultur (Northern Black Polished Ware culture) bekannten Kultur übereinstimmte. Er fragt sich, ob es denn nicht in den Suttas Hinweise auf diese typischen Töpferwaren gibt, nach denen die Kultur benannt ist – und wird bei Nandas polierter Schale fündig. Das Paliwort accha = „glänzend, durchscheinend“ scheint genau die Oberfläche dieser Fundstücke zu beschreiben und wurde als „polierte schwarze“ Schale übersetzt, um die Verbindung deutlich zu machen. Sowohl die Archäologen als auch unser Sutta sind sich offenbar einig in der Einschätzung, dass es sich bei dieser Keramik um Luxuswaren und nicht um Alltagsgeschirr handelte; zu luxuriös jedenfalls, um für einen Mönch angemessen zu sein.
Die Suttas in wirklichen wissenschaftlichen Befunden verankert zu sehen ist etwas, das sie mir noch näher bringt und tatsächlich zum Leben erwachen lässt.
Die Schale umdrehen
Bleiben wir noch einen Augenblick bei den Almosenschalen.
Auch das Achterbuch des Aṅguttara hat ein kleines Vinaya-Kapitel, und in AN 8.87 werden die Umstände erklärt, unter denen es angebracht ist, dass Mönche oder Nonnen vor einem Laien ihre Almosenschale umdrehen – das heißt, sie weigern sich, von dieser Person Unterstützung anzunehmen.
AN8.87:1.1 „Mönche und Nonnen, der Saṅgha kann, wenn er will, aus acht Gründen vor einem Laien die Schale umdrehen.“
Ein aktuelles Beispiel, wo diese Regel angewendet wurde, finden wir in der Aktion der „Almosenschalen-Bewegung“, die zur Unterstützung der Menschen in Myanmar vom Saṅgha auf internationaler Ebene über soziale Medien durchgeführt wurde. Mit dieser Geste kann man dem Militär in Myanmar unmissverständlich klarmachen, was man von seinem Vorgehen hält.

Hatte der Buddha Humor?
Diese Frage wird von verschiedenen Menschen unterschiedlich beantwortet. Manche denken, dass es für einen erwachten Buddha gar nicht möglich sei, sich auf die „niedere“ Ebene des Humors herabzulassen. Wenn ich aber zum Beispiel AN 8.11 lese, kann ich mir nicht helfen: Es scheint mir fast gar wie ein subtiler Sarkasmus, was der Buddha hier zeigt, und meine Lippen verziehen sich unwillkürlich zu einem Schmunzeln.
„Meister Gotama ist geschmacklos.“
„Es gibt einen Sinn, Brahmane, in dem du zu Recht sagen könntest, ich sei geschmacklos. Denn der Klargewordene hat den Geschmack an Bildern, Tönen, Düften, Geschmäcken und Berührungen aufgegeben, an der Wurzel abgeschnitten, sodass er wie der Stumpf einer Palme ist, dass er ausgelöscht ist und sich in Zukunft nicht mehr erheben kann. In diesem Sinn könntest du zu Recht sagen, ich sei geschmacklos. Aber das ist nicht das, was du meinst.“
„Meister Gotama ist abwertend.“
„Es gibt einen Sinn, Brahmane, in dem du zu Recht sagen könntest, ich sei abwertend. Denn der Klargewordene hat den Wert von Bildern, Tönen, Düften, Geschmäcken und Berührungen aufgegeben, an der Wurzel abgeschnitten, sodass er wie der Stumpf einer Palme ist, dass er ausgelöscht ist und sich in Zukunft nicht mehr erheben kann. In diesem Sinn könntest du zu Recht sagen, ich sei abwertend. Aber das ist nicht das, was du meinst.“
Offenbar fühlte sich sein Gesprächspartner aber nicht beleidigt durch diesen Schlagabtausch, der sich noch eine ganze Weile fortsetzt. Das Entscheidende ist sicher, für ein bestimmtes Stilmittel den richtigen Moment zu erkennen.
Lesen und hören Sie AN8.11.
Bei dem nächsten Sutta, das Pferde und Menschen mit bestimmten Eigenschaften vergleicht, erstreckt sich das Grinsen auf meinem Gesicht tatsächlich von einem Ohr bis zum anderen, wenn ich nicht sogar laut loslachen muss. Meine Freundin, die einen Pferdehof hat, findet die Beschreibung der Pferde überaus gelungen und aus dem Leben gegriffen – wie übrigens auch die Beschreibung der Menschen, die mit den Pferden verglichen werden.
„Zunächst springen da manche wilden Fohlen, wenn der Zureiter ‚Hü!‘ sagt und sie mit Sporen und Peitsche antreibt, nach hinten und wirbeln den Wagen hinter sich herum. So sind manche wilden Fohlen. Das ist der erste Fehler bei einem Pferd.
Dann springen da manche wilden Fohlen, wenn der Zureiter ‚Hü!‘ sagt und sie mit Sporen und Peitsche antreibt, nach hinten, zerstören die Nabe und zerbrechen das dreifache Gestänge. So sind manche wilden Fohlen. Das ist der zweite Fehler bei einem Pferd.
Dann schütteln da manche wilden Fohlen, wenn der Zureiter ‚Hü!‘ sagt und sie mit Sporen und Peitsche antreibt, die Deichsel vom Bein ab und trampeln darauf herum. So sind manche wilden Fohlen. Das ist der dritte Fehler bei einem Pferd.
Dann machen da manche wilden Fohlen, wenn der Zureiter ‚Hü!‘ sagt und sie mit Sporen und Peitsche antreibt, eine falsche Wendung und bringen den Wagen vom Weg ab. So sind manche wilden Fohlen. Das ist der vierte Fehler bei einem Pferd.
Dann bäumen sich da manche wilden Fohlen, wenn der Zureiter ‚Hü!‘ sagt und sie mit Sporen und Peitsche antreibt, auf und schlagen mit den Vorderfüßen aus. So sind manche wilden Fohlen. Das ist der fünfte Fehler bei einem Pferd.
Dann beachten da manche wilden Fohlen, wenn der Zureiter ‚Hü!‘ sagt und sie mit Sporen und Peitsche antreibt, den Zureiter und seine Peitsche nicht, spucken die Trense aus und gehen, wohin sie wollen. So sind manche wilden Fohlen. Das ist der sechste Fehler bei einem Pferd.
Dann gehen da manche wilden Fohlen, wenn der Zureiter ‚Hü!‘ sagt und sie mit Sporen und Peitsche antreibt, weder vor noch zurück, sondern bleiben still stehen wie eine Säule. So sind manche wilden Fohlen. Das ist der siebte Fehler bei einem Pferd.
Dann schlagen da manche wilden Fohlen, wenn der Zureiter ‚Hü!‘ sagt und sie mit Sporen und Peitsche antreibt, die Vorder- und Hinterbeine unter und sitzen eben da auf ihren vier Beinen. So sind manche wilden Fohlen. Das ist der achte Fehler bei einem Pferd.“
Von den entsprechenden Menschen ganz zu schweigen …
Lesen und hören Sie AN8.14.
Neu auf Dhammaregen
Dhammaregen-Erklärvideo
Ein neues Video vom 13.08.2021 mit Fragen und Antworten finden Sie hier.
Neue Übersetzungen
Seit dem letzten Newsletter wurden folgende Suttas hinzugefügt:
MN 141
SN 8.9
AN 8.61-627 – somit ist das Achterbuch vollständig
Dhp 167-178; Ud 7.6; Iti 26; Thag 15.1; Thig 15.1, Thig 16.1 – somit sind die Therīgāthā vollständig
Übersicht über alle Übersetzungen
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