Dhammaregen-Newsletter September 2023
Neues rund um Dhammaregen und frühe buddhistische Texte
Nach einer Sommerpause im August ist der Dhammaregen-Newsletter wieder da, und diesmal auf der neuen Webseite! 🎉
Und natürlich schauen wir uns mit diesem Newsletter das neue Dhammaregen an. Wir betrachten auch ein kleines Sutta aus einem ganz persönlichen Blickwinkel und gehen der Frage nach, inwiefern Übersetzungen von Dhammatexten gerechtfertigt sind. Und Bilara, die Software, mit der all die Übersetzungen auf Dhammaregen gemacht werden, bittet um Unterstützung.
Dhammaregen
Nach viel Arbeit – und mit Karl Lews und Michael H.s unschätzbarer Hilfe – ist es tatsächlich soweit: Sie lesen diesen Newsletter jetzt auf der neuen Dhammaregen-Webseite!
Was ist neu?
Die erste Neuerung sehen Sie gleich: Dhammaregen hat nun die Wahl zwischen dunklem und hellem Bildschirmhintergrund. Wenn Sie den dunklen nicht mögen, ändern Sie die Einstellung über das kleine Zahnrad rechts oben unter „Allgemein“.
Dhammaregen erhält sein Audiomaterial nun unabhängig von Voice.
Es kann jetzt nicht nur nach vorgegebenen Beispiel-Suchbegriffen, sondern auch nach frei formuliertem Text gesucht werden.
Die Darstellung der Inhalte erfolgt auf Karten, von denen auch mehrere gleichzeitig geöffnet sein können. Auf einem großen Bildschirm können Sie z. B. neben diesem Newsletter auch ein Sutta lesen. Auf schmäleren Bildschirmen sind die Karten untereinander angeordnet. Ein Tabulatormenü links oben erlaubt das Springen zwischen verschiedenen Karten.
Auf den Suchkarten werden bei den Suchergebnissen auch die Kurzzusammenfassungen der Suttas gezeigt.
Wie das alte so hat auch das neue Dhammaregen Anleitungen zur Benutzung, wo Sie sich über die verschiedenen Funktionen informieren können. Die Übersicht über alle Wiki-Artikel finden Sie hier.
Die Seite ist noch sehr neu, daher ist es durchaus möglich, dass trotz umfangreicher Tests noch nicht alles wie erwartet funktioniert. Wenn Sie Probleme bemerken, freuen wir uns über Ihre Rückmeldung an dhammaregen@gmail.com.
Nun soll es aber bei all der neuen Technik auch noch ein paar Tröpfchen Dhamma regnen!
Eine große Hilfe
„Mönche und Nonnen, drei Menschen sind anderen eine große Hilfe. Welche drei?
Der Mensch, der dabei geholfen hat, Zuflucht zum Buddha, zur Lehre und zum Saṅgha zu nehmen. Dieser Mensch ist anderen eine große Hilfe.
Weiterhin der Mensch, der dabei geholfen hat, wahrhaftig zu verstehen: ‚Das ist das Leiden.‘ … ‚Das ist der Ursprung des Leidens.‘ … ‚Das ist das Aufhören des Leidens.‘ … ‚Das ist die Übung, die zum Aufhören des Leidens führt.‘ Dieser Mensch ist anderen eine große Hilfe.
Weiterhin der Mensch, der dabei geholfen hat, mit der Auflösung der Befleckungen in diesem Leben die fleckenlose Freiheit des Herzens zu erlangen, die fleckenlose Freiheit durch Weisheit, sie durch eigene Einsicht zu erkennen und darin zu leben. Dieser Mensch ist anderen eine große Hilfe.
Das sind die drei Menschen, die anderen eine große Hilfe sind. Und ich sage, es gibt niemanden, der anderen eine größere Hilfe ist als diese drei.
Und ich sage auch, dass es nicht leicht ist, es diesen drei Menschen zu vergelten, indem man sich vor ihnen verbeugt, für sie aufsteht, sie mit zusammengelegten Händen grüßt und ihnen gegenüber respektvolle Umgangsformen zeigt; oder indem man für sie Roben, Almosen, Unterkunft sowie Arznei und Krankenversorgung bereitstellt.“
Lange bevor ich von der Existenz dieses kleinen Textes wusste, empfand ich gegenüber den Menschen, die mich mit dem Buddhismus in Berührung gebracht haben, genau das, was hier beschrieben ist: große Dankbarkeit! Am 18. August 1985 habe ich in einer kleinen Zeremonie Zuflucht zum Buddha, zum Dhamma und zum Saṅgha genommen, somit habe ich im vergangenen Monat zum 38. Mal „Dhamma-Geburtstag“ gefeiert! ❤️
Lesen und hören Sie AN 3.24.
Internationaler Übersetzertag 2023
Am 30. September ist der internationale Tag des Übersetzers, gewählt nach dem Todestag des heiligen Hieronymus, der seinerzeit das Alte Testament aus dem Hebräischen ins Lateinische übersetzte und bestehende Übersetzungen des Neuen Testaments überarbeitete. Somit ist er eine Art „Schutzpatron der Übersetzer“, und vielleicht ganz besonders derer, die sakrale Texte übersetzen.

Seit der frühesten Zeit bis heute werden buddhistische Texte von zahlreichen Übersetzern in zahlreiche Sprachen übersetzt. Manchmal wird die Frage gestellt, ob das eine gute Sache ist, oder ob man die Lehre des Buddha nicht doch ausschließlich in der Palisprache studieren soll.
Hat der Buddha das Übersetzen des Dhamma befürwortet?
Eine Stelle, die oft in diesem Zusammenhang angeführt wird, hat bei näherem Hinsehen eigentlich überhaupt nichts mit der Frage des Übersetzens zu tun:
‚Besteht nicht auf den Ausdrücken der Gegend und missachtet nicht den normalen Sprachgebrauch.‘ Das habe ich gesagt, aber inwiefern habe ich es gesagt?
Und wie besteht man auf den Ausdrücken der Gegend und missachtet den normalen Sprachgebrauch?
Da ist das gleiche Ding in verschiedenen Gegenden als ‚Teller‘, als ‚Schale‘, als ‚Häferl‘, als ‚Schüssel‘, als ‚Tiegel‘, als ‚Terrine‘ oder als ‚Napf‘ bekannt. Und so, wie es in den verschiedenen Gegenden bekannt ist, redet man entsprechend, hält eigensinnig daran fest und besteht darauf:
‚Das allein ist die Wahrheit, alles andere ist Unsinn.‘
So besteht man auf den Ausdrücken der Gegend und missachtet den normalen Sprachgebrauch.
Und wie besteht man nicht auf den Ausdrücken der Gegend und missachtet nicht den normalen Sprachgebrauch?
Da ist das gleiche Ding in verschiedenen Gegenden als ‚Teller‘, als ‚Schale‘, als ‚Häferl‘, als ‚Schüssel‘, als ‚Tiegel‘, als ‚Terrine‘ oder als ‚Napf‘ bekannt. Und so, wie es in den verschiedenen Gegenden bekannt ist, redet man entsprechend und denkt: ‚Es scheint, die Ehrwürdigen meinen dieses.‘
So besteht man nicht auf den Ausdrücken der Gegend und missachtet nicht den normalen Sprachgebrauch.
‚Besteht nicht auf den Ausdrücken der Gegend und missachtet nicht den normalen Sprachgebrauch.‘ Das habe ich gesagt, und insofern habe ich es gesagt.
In dem Sutta geht es um allgemeine Prinzipien, wie man Spannungen vermeidet. Es wird empfohlen, sich so auszudrücken, wie es in der Gegend üblich ist, ohne aber stur daran festzuhalten. In welcher Sprache man den Dhamma lehren soll, darüber wird hier nichts gesagt. (Aber davon abgesehen ist MN 139 ein Sutta, das sich sehr zu lesen lohnt!)
Eine andere Stelle, die manchmal für unsere Frage herangezogen wird, ist schwierig. Sie findet sich im 15. Khandhaka des Vinaya. Schäfer und Beyerlein übersetzen:
Zu jener Zeit waren zwei Brüder Mönche, sie hießen Yamelu und Tekula, sie stammten aus einer Brahmanenfamilie und sie hatten eine ausgezeichnete Stimme mit feinem Ausdruck. Die begaben sich zum Erhabenen, grüßten den Erhabenen ehrerbietig, setzten sich seitwärts und sprachen: „Herr, heutzutage sind Mönche verschiedenen Namens aus verschiedenen Stämmen, von verschiedenem Stand, aus verschiedenen Familien aus dem Haus in den Orden gegangen. Die verderben mit ihren eigenen Dialekten die Sprache des Erwachten. Wohlan, Herr, laß uns die Aussagen des Erwachten in der metrischen Sprache (der Veden) wiedergeben.“ — Der Erwachte wies sie zurück: „Wie könnt ihr so etwas sagen, ihr unvernünftigen Männer. Das führt nicht zur Befriedung solcher, die noch keinen Frieden gefunden haben.“
Nachdem der Erhabene diese Vorhaltungen gemacht und eine Lehrrede gehalten hatte, sprach er: „Mönche, die Aussagen des Erwachten sollen nicht in der metrischen Sprache (der Veden) wiedergegeben werden; wer das tut; begeht eine Verfehlung. Ich erlaube, daß die Aussagen des Erwachten in der jeweils eigenen Heimatsprache gelernt werden.“
Bhikkhu Brahmali hat über diese Stelle hier ausführlich gesprochen und macht zu seiner Übersetzung folgende Anmerkung:
Sakāya niruttiyā. Nirutti findet sich in Bu-Vb-Pj 2:7.6.9, Bu-Vb-Pj 2:7.6.19 und Bu-Vb-Pj 2:7.6.30, wo es anhand des Zusammenhangs die Bedeutung „Ausdruck“ oder „Art, zu sprechen“ haben muss, nicht „Sprache“. Wenn das Wort hier im gleichen Sinn gebraucht wird, folgt daraus, dass sakāya sich auf die speziellen Ausdrücke beziehen muss, die von den Mönchen verwendet wurden. Die eigene Ausdrucksweise des Buddha zu benutzen, wäre kein Problem gewesen. Für eine wissenschaftliche Diskussion von nirutti, die diese Ansicht stützt, siehe Bryan Levman, „Sakāya niruttiyā revisited“, BEI 26–27 (2008–2009): 33–51.
Meine deutsche Fassung von Ajahn Brahmalis Übersetzung der Vinayastelle:
Zu dieser Zeit waren da zwei Mönche mit Namen Yameḷa und Kekuṭa, Brüder, die in einer Brahmanenfamilie geboren waren, die wortgewandt waren und gute Stimmen hatten. Sie gingen zum Buddha, verbeugten sich, setzten sich und sagten:
„Ehrwürdiger Herr, die Mönche kommen nun aus einer Vielzahl von Familien, Stämmen und Klassen. Sie verderben das Wort des Buddha, indem sie ihre eigenen Ausdrücke gebrauchen. Wir könnten nun dem Wort des Buddha metrische Form geben.“
Der Buddha tadelte sie:
„Ihr törichten Männer, wie könnt ihr so etwas sagen? Das wird keine Zuversicht erwecken in denen, die keine haben …“
Nachdem er sie getadelt hatte … gab der Buddha eine Unterweisung und wandte sich an die Mönche:
„Ihr sollt dem Wort des Buddha keine metrische Form geben. Wenn ihr das tut, begeht ihr einen Verstoß durch falsches Benehmen. Ihr sollt das Wort des Buddha lernen, indem ihr seine eigenen Ausdrücke verwendet.“
Es scheint also keine spezifische Stelle zu geben, an der der Buddha ausdrücklich zum Übersetzen des Dhamma ermuntert. Ist die Arbeit von Übersetzern also falsch?
Auf jeden Fall hat sich der Buddha auch nirgends gegen das Übersetzen ausgesprochen. Und die Stelle, die es am Ende doch befürwortet, ist, wie Karl Lew richtig bemerkte (zum Beispiel):
AN 3.70:7.4 Die Lehre ist vom Buddha gut erklärt – in diesem Leben ersichtlich, unmittelbar wirksam, sie lädt zum Überprüfen ein, ist wert, beherzigt zu werden, sodass vernünftige Menschen sie selbst erkennen können.*
Wie könnte die Lehre „in diesem Leben ersichtlich, unmittelbar wirksam“ usw. sein, wenn wir sie nur in einer Sprache hören dürften, die wir nicht verstehen? Also lassen Sie uns den internationalen Tag des Übersetzers feiern und den Dhamma für alle zugänglich machen! 🎉🎉
Bilara
Die Software für computergestützte Übersetzung (Englisch: Computer Assisted Translation, cat), die das SuttaCentral-Team entwickelt hat, trägt den schönen Palinamen Bilara 🐱.

Bilara ist die technische Grundlage nicht nur für meine Übersetzungsarbeit, sondern auch für die Arbeit vieler Übersetzer in zahlreiche Sprachen weltweit. Neben mehreren englischen und dem deutschen Bilara-Projekt gibt es Projekte auf Katalanisch, Tschechisch, Spanisch, Finnisch, Französisch, Gujarati, Hindi, Indonesisch, Italienisch, Japanisch, Litauisch, Burmesisch, Polnisch, Portugiesisch, Russisch, Singhalesisch, Serbisch, Vietnamesisch, Chinesisch, Thai – und als jüngstes Projekt kam sogar Noongar hinzu, eine australische Aboriginal-Sprache.
Neben den eigentlichen Sutta-, Vinaya- oder Abhidhamma-Texten ist die Übersetzung aller Elemente der Benutzeroberfläche von SuttaCentral (einschließlich mehrerer zum Teil recht langer Essays) auch Teil mancher Projekte, sodass es hoffentlich bald für zunehmend mehr Menschen möglich sein wird, in der eigenen Sprache durch SuttaCentral zu navigieren und sich umfassend über die verschiedenen Sammlungen zu informieren.
Bilara ist nun seit einigen Jahren in Gebrauch, und mit der zunehmenden Anzahl von Projekten zeigt sich, dass ein umfassendes technisches Upgrade dringend erforderlich ist. Diese Arbeit kann von dem kleinen SuttaCentral-Entwicklerteam nicht alleine gestemmt werden, daher ist es notwendig, dafür zusätzlich professionelle Software-Entwickler zu engagieren. Und dafür benötigt der SuttaCentral Development Trust Spenden, etwa in der Größenordnung von 60 000 US$.
Dies ist das erste Mal, dass der Dhammaregen-Newsletter einen Spendenaufruf unterstützt, und es wird sicher nicht die Regel werden. Deepika, die Managerin des SuttaCentral Development Trust (einer nicht-kommerziellen, gemeinnützigen Organisation, die in Australien registriert ist und Spenden für SuttaCentral verwaltet), hat dazu auf dem Diskussionsforum Discuss & Discover aufgerufen, und dieser Newsletter möchte diesen Aufruf allen, die erwägen, die Arbeit der Übersetzer von Dhammatexten zu unterstützen, ans Herz legen.
Wie Sie spenden können, erfahren Sie hier.
Neu auf Dhammaregen
Seit dem letzten Newsletter kam Folgendes zur Wiki-Abteilung hinzu:
Ein neuer Kanal mit Texten zur Buddhismuskunde, in die auch ein paar der bisherigen Texte umgezogen sind
Ein Essay von Bhikkhu Sujato über vier Phasen im Studium des frühen Buddhismus: zum Essay
Ein Essay von Bhikkhu Sujato zur Sammlung Cariyapitaka: zum Essay
Eine Seite zur Webseite der Suttanta-Gemeinschaft in Hamburg mit einer neuen „Sutta-To-Go“-App
Seit dem letzten Newsletter wurden folgende Suttas hinzugefügt:
MN 116
Snp 2.8
Thag 1.41-42, 44-65, 67-68, 70-120
Cp 1-34
Übersicht über alle Übersetzungen
Sutta-Erkundungen
Die Sutta-Erkundungen sind ein monatliches Online-Format zum Studium der Suttas in einer Gruppe, das sich an die lectio divina aus der alten christlichen Klostertradition anlehnt. Das ermöglicht ein eher meditatives Herangehen an die Suttas. Die Sutta-Erkundungen finden jeden ersten Freitag im Monat statt.
Nächste Termine: 1. September, 6. Oktober und 3. November 2023, jeweils 18:30 – 20:00 h MEZ.
Bei Interesse senden Sie bitte eine Email an dhammaregen@gmail.com. Sie werden dann eine Einladung mit den Zoom-Zugangsdaten erhalten.
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