Die ersten drei Strophen der Jātakas
Übersetzung von „The first three Jataka verses“ von Bhikkhu Sujato, 2024

Gerade habe ich ein wenig mit ein paar Jātaka-Strophen herumgespielt und dabei ein paar interessante Dinge entdeckt. Das Hauptwerk wird hier natürlich vom Ehrwürdigen Anandajoti bewerkstelligt. Aber seine Arbeit verbindet den Text eng mit dem Kommentar, und das führt manchmal zu einem anderen Ergebnis. [Die deutsche Übersetzung von Dr. Julius Dutoit, Prosageschichten mit eingebundenen Strophen, findet sich auf Palikanon.com; A.d.Ü.]
Ja 1 Apaṇṇaka
Das ist das Apaṇṇakajātaka, dessen zentraler Begriff vom Glücksspiel hergeleitet ist.
Essay: Wie man beim Glücksspiel unfehlbar gewinnt
Einen Hinweis auf das Glücksspiel gibt die letzte Zeile, wo der Weise „nach dem Unfehlbaren greifen“ würde, d. h. nach „einem Satz ohne einen fünften“ (apaṇṇakaṁ), auch als „perfekte Hand“ (kaṭaggāha) bekannt. Der Gebrauch von „greifen“ weist hier auf das Würfelspiel hin, wo die Spieler eine Handvoll Samen greifen und dabei versuchen, eine Zahl zu bekommen, die durch vier teilbar ist.
Die Strophe stellt den Weisen dem takkikā gegenüber, dem „Denker“, der eine vordergründig plausible Lehre aufstellt, die der Prüfung im Licht der Tatsachen nicht standhält. Das ähnelt dem Gebrauch in Ud 6.10. Sie bezieht sich auf die „Geschichte aus der Gegenwart“ (d. h. dem letzten Leben des Buddha), in der Menschen auf Andersgläubige hörten und vom Dhamma abfielen.
Das Interessante hier ist, dass die Strophe nicht direkt auf das eigentliche Jātaka, die „Geschichte aus der Vergangenheit“, hinweist. Dort ist der Gegenspieler ein yakkha, und die Geschichte ist von DN 23:23.1 ff angepasst. Sowohl die Geschichte aus der Vergangenheit als auch die Geschichte aus der Gegenwart veranschaulichen, wie töricht Menschen waren, als sie auf schlechte Ratgeber hörten. Aber die Strophe weist unmittelbar nicht auf den yakkha, sondern auf die Denker hin, und die Geschichte des yakkha wird zur Veranschaulichung hinzugezogen.
Das zeigt, dass, auch wenn sich die Strophen der Jātakas üblicherweise auf die Geschichte aus der Vergangenheit beziehen, das nicht immer der Fall ist. Es ist tatsächlich wahrscheinlich, dass in diesem Fall ursprünglich die „Geschichte aus der Gegenwart“ mit der Strophe verknüpft wurde, wie ein Udāna oder Dhammapada mit Kommentar, und dann das Jātaka zur Veranschaulichung eingefügt wurde.
Ja 2 Vaṇṇupatha
Dies setzt das Thema des Reisens durch eine Wüste mit einer Handelskarawane fort. Zur Zeit als die Jātakas zusammengestellt wurden – nach Ashoka – erweiterte sich die Reichweite der Handelsrouten rasch. Buddhistische Mönche und Nonnen reisten auf den gleichen Routen, manchmal mit den Karawanen, und brachten den Dhamma zu neuen Orten. So hörten sie die Geschichten der Reisenden und gestalteten sie als Dhammaunterweisungen auf eine Art, die für die Ängste und Hoffnungen der Menschen von Belang war.
Dieses Mal ist es ein junger Arbeiter in der Karawane, der nach Wasser gräbt. Alles scheint verloren, und die Karawane sieht den Tod vor sich, doch der Bodhisatta will nicht aufgeben. Als er ein Büschel Gras in der Sandwüste sieht, lauscht er genau und hört das ferne Geräusch einer dahinfließenden unterirdischen Strömung.
Die interessante Wendung ist hier udaṅgaṇe, wobei uda vom Kommentar als bloße Partikel abgetan wird und aṅgaṇa, von der Wurzelbedeutung „sich bewegen“, als ein Ort gedeutet wird, an dem sich Menschen hin und her bewegen, eine „offene Stelle“.
Aber wo uda als Partikel gebraucht wird, ist es üblicherweise nicht ohne Bedeutung; es bedeutet „entweder – oder“.
Sanskritwörterbücher geben die Bedeutung „Durchgang“ für aṅgaṇa, d. h. ein „Ort, durch den sich Dinge hindurch bewegen“. Uda kann auch „Wasser“ bedeuten, so hätte es die Bedeutung „Wasser-Durchfluss“, was passend ist, um auf einen unterirdischen Wasserlauf zu verweisen.
Somit haben wir statt der Übersetzung „dort an der offenen Stelle fand er Wasser“ das befriedigendere:
dort beim unterirdischen Wasserlauf fand er Wasser.
Das stellt eine enge Verbindung zwischen der Strophe und der Geschichte aus der Vergangenheit her.
Ja 3 Serivavāṇija
Das ist das Serivavāṇijajātaka, das auch die Geschichte eines Händlers erzählt.
Vom Titel wird erklärt, er bedeute „der Händler namens Serivā“, abgeleitet vom Stadtstaat Seriva, aber soweit ich weiß, ist keine Stadt dieses Namens bezeugt, noch spielt sie in der Geschichte, abgesehen davon, dass sie der Geburtsort ist, eine Rolle. Daher finde ich diese Ableitung nicht überzeugend.
Die Geschichte handelt von zwei Händlern, von denen einer, der „rücksichtslos“ (lola) ist, versucht, eine Witwe und ihre Tochter um ihren wertvollen Besitz zu prellen. Zum Glück zahlt ihnen ein weiser Händler den wahren Wert.
Das Schlüsselwort hier ist seri, das von der Wurzelbedeutung sa (sein eigenes) + i (gehen) abgeleitet ist, wörtlich „seinen eigenen Weg gehen“. Gewöhnlich wird es im Pali in einem positiven Sinn gebraucht, von einem Wild, das frei im Wald umherwandert. Aber im Sanskrit finden wir auch einen negativen Sinn, siehe dazu svairī in Chāndogya-Upaniṣad 5.11.5. Hier bezeichnet es einen „Rücksichtslosen“, also das gleiche wie das lola des Kommentars.
In diesem Fall kann die Form serivā als ein taddhita aufgegliedert werden, serivā = „von Rücksichtslosigkeit besessen“, d. h. „Rücksichtsloser“, und man kann die Zeile übersetzen:
wie dieser rücksichtslose Händler.
In solchen Fällen ist es wichtig, im Auge zu behalten, dass der Kommentar nicht an sich falsch liegt. Tatsächlich kann man die Erklärung von seri als lola noch erkennen, wenn auch versteckt. Es ist im Pali üblich, dass eine Eigenschaft eines Menschen sein Name wird, daher wird jemand, der rücksichtslos handelt, als „Rücksichtslos“ (Serivā) bekannt. Wenn die Kenntnis über den ursprünglichen Zusammenhang verloren geht, kann der Name Serivā erklärt werden als jemand, der aus einer Stadt dieses Namens stammt.
Ein interessanter Punkt ist hier noch, dass diese Strophe großenteils mit AN 8.29:15.1-4 übereinstimmt. Der Unterschied besteht darin, dass der serivā-Händler nicht genannt wird; stattdessen finden wir den einzigartigen Begriff atītattho. Der Ehrwürdige Bodhi übersetzte ihn, und ich bin ihm zuvor gefolgt, als den Händler, der „einen Gewinn versäumt“ hat, indem er attha in der Bedeutung „Nutzen, Gewinn“ auffasste. Aber es ist eine merkwürdige Art, das auszudrücken.
Eine andere der vielen Bedeutungen von attha ist „Geschichte, Angelegenheit, Sache“, und in diesem Sinn entspricht es dem Wort vatthu. In den Jātakas wird die „Geschichte aus der Vergangenheit“ stets als atītavatthu bezeichnet, und ich schlage vor, dass atītattho die gleiche Bedeutung hat.
Somit sollten wir anstatt „wie der Händler, der einen Gewinn versäumte“, übersetzen: „wie der Händler in der Geschichte aus der Vergangenheit“. Das würde bedeuten, dass die Strophe im Aṅguttara indirekt auf die gleiche Geschichte Bezug nimmt, die man in den Jātakas findet.
Das mag überraschend erscheinen, da der Aṅguttara Teil des frühen Kanon ist und die Jātakas später aufgenommen wurden. Wie kann dann ein früherer Text sich auf einen späteren beziehen?
Aber so einfach ist es nicht. Die Jātakas schöpften aus bereits bestehenden Geschichten, von denen viele wohl schon vor dem Buddha vorhanden waren. Schließlich werden sie ausdrücklich als „Fabeln aus der Vergangenheit“ bezeichnet. Es ist sehr gut möglich, dass der Buddha indirekt auf diese Geschichte hinwies, da er wusste, dass sein Publikum damit vertraut war; und später wurde sie in die Jātaka-Sammlung aufgenommen.

