Dhammaregen-Newsletter Dezember 2022
Neues rund um Dhammaregen und frühe buddhistische Texte
Advents-Newsletter 🎄
Die Lehrrede von der Liebe
Im Jahr 2020 hat Bhante Sujato zu Weihnachten seine Übersetzung des Mettāsutta angefertigt und als „Weihnachtsgeschenk“ für die Nutzer des SuttaCentral-Diskussionsforums gechantet. Das möchte ich in diesem Jahr aufgreifen und das Mettāsutta – die Lehrrede von der Liebe – zum Thema dieses Newsletters machen.
Man findet es an zwei Stellen im Kanon, bei Snp 1.8 und bei Kp 9.
Wir wollen uns das Mettasutta etwas näher anschauen. Es ist in mehrere Abschnitte gegliedert.
Im ersten Abschnitt wird das sittliche Verhalten beschrieben, das die Grundlage jeder spirituellen Entwicklung ist:
Die, die in der Bedeutung der Texte bewandert sind, sollten üben wie folgt, um den Zustand des Friedens zu verwirklichen: Tüchtig seien sie und aufrecht, sehr aufrecht, zugänglich, sanft und bescheiden. Zufrieden sollen sie sein und nicht zur Last fallen, nicht geschäftig; genügsam sollen sie leben, wach, die Sinne gestillt, höflich, ohne sich bei Familien einzuschmeicheln. Sie sollen nicht das Geringste tun, das andere aus gutem Grund tadeln könnten.
Der nächste Abschnitt beschreibt die Entwicklung der Metta-Meditation, die Übung im Geist, mit der wir unser Herz zu allen Wesen hin entfalten:
Dass sie doch glücklich und sicher wären! Dass doch alle Wesen glücklich wären! Was es auch an lebenden Geschöpfen gibt, ohne eines auszulassen – zerbrechlich oder standhaft, lang oder groß, mittel, klein, winzig oder rundlich, sichtbar oder unsichtbar, fern oder nah, ob sie geboren sind oder geboren werden müssen – dass doch alle Wesen glücklich wären! Dass niemand sich vom anderen abwende, noch auf irgendjemanden irgendwo herabsehe. Auch wenn sie verärgert oder gekränkt sind: Dass sie einander keinen Schmerz wünschen.
Dann folgt eine Beschreibung, wie es sich anfühlt, wenn das Herz diesen Zustand entwickelt hat:
So wie eine Mutter ihr Kind, ihr einziges Kind mit ihrem Leben schützen würde, genauso soll man für alle Geschöpfe sein Herz grenzenlos entfalten.

Voller Liebe zur ganzen Welt soll man sein Herz grenzenlos entfalten, nach oben, nach unten, ringsumher, unbeschränkt, ohne Feind oder Gegner. Ob man steht, geht, sitzt oder liegt und nicht erschöpft ist, man behalte das stets im Sinn; denn das, so heißt es, ist eine Meditation Brahmās in diesem Leben.
Und die letzte Strophe schließlich, die ein anderes Versmaß aufweist und später angefügt wurde, ordnet das Gedicht in einen buddhistischen Rahmen ein, indem sie den Stromeintritt und die Nichtwiederkehr beschreibt, die man mit der Praxis erlangen kann:
Wenn man schädliche Ansichten vermeidet sittlich ist und die Einsicht vervollkommnet hat, wenn sinnliches Verlangen beseitigt ist, kommt man nie mehr zu einem Mutterleib zurück.
Das Mettasutta ist eines der beliebtesten Suttas weltweit und wird bei vielen Anlässen rezitiert. Wer es etwas wissenschaftlicher möchte, findet hier Bhante Sujatos Aufsatz, den er im Zuge seiner Überarbeitung des Suttanipāta kürzlich dazu geschrieben hat.
Und ich möchte Ihnen natürlich auch sein „Metta-Weihnachtslied“ von 2020 nicht vorenthalten. Sie finden es hier. Klingt sehr schön, auch wenn man kein Englisch kann. (Der Text stellt die Fassung vor der jüngsten Überarbeitung dar.)
Und für Mundart-Liebhaber gibt es das Mettasutta sogar auf Saarländisch!
Das Gleichnis von der Schildkröte
Im Verlauf der letzten zwei Monate wurde das 35. Saṁyutta des Saṁyutta-Nikāya, das Saṁyutta über die sechs Sinnesfelder, nach und nach fertiggestellt. Dieser Aspekt der Lehre durchdringt, ähnlich wie die fünf Aggregate, die Gesamtheit unserer Erfahrung und bietet sich daher zu Betrachtungen an.
Diese umfangreiche Sammlung enthält viele interessante Suttas, von denen einige sogar recht berühmt sind. Ich möchte hier einmal auf das letzte Kapitel hinweisen, in dem sich einige berühmte Suttas mit eindrucksvollen Gleichnissen finden. Eins davon, das vielleicht weniger bekannt ist, möchte ich hier vorstellen, SN 35.240.
Das Sutta beginnt mit dem Wort bhūtapubbaṁ, was ziemlich genau unserem „es war einmal“ entspricht, wie wir es aus den Märchen kennen: Die Handlung spielt vor einer lange zurückliegenden Zeit, die man nicht genau bestimmen kann. Dieser Text ist eine Tierfabel über eine Schildkröte und einen Schakal, wobei der Zweite gerne die Erste zum Abendessen hätte. Aber die macht es ihm nicht so leicht.
„Es war einmal, Mönche und Nonnen, eine Schildkröte, die graste eines Nachmittags am Ufer eines Flusses. Zur gleichen Zeit jagte ein Schakal am Ufer des Flusses. Die Schildkröte sah den Schakal von Weitem kommen, da zog sie ihre Beine und ihren Kopf unter ihren Panzer und verhielt sich reglos und still.
Schließlich bleibt dem Schakal nichts anderes übrig, als enttäuscht und immer noch hungrig abzuziehen.
Aber als die Schildkröte weder ein Bein noch den Kopf unter dem Panzer hervorstreckte, ging der Schakal enttäuscht fort, da er keinen Angriffspunkt finden konnte.
Der Buddha benutzt dieses Bild als Gleichnis für das Zügeln der Sinne: Unsere fünf körperlichen Sinne, Auge, Ohr, Nase, Zunge und Körpersinn – wenn wir sie nicht hervorstrecken, kann Māra keinen Angriffspunkt finden und muss frustriert abziehen.
Und damit wünsche ich Ihnen eine friedliche und trotz aller Krisen frohe Festzeit. Mögen alle Wesen glücklich sein und Frieden finden!
Neu auf Dhammaregen
Seit dem letzten Newsletter wurden folgende Essays hinzugefügt:
Ein neues Verständnis des Mettāsutta, das alles ändert – Zum Essay
Das Vijayasutta, der „Sieg über das Sehnen nach dem Körper“ – Zum Essay
Über Thag 2.22 – was bedeutet dieses Gedicht? – Zum Essay
Über den Buddha Metteyya und Menschenopfer am heiligen Baum – Zum Essay
Menstruation und Fruchtbarkeit in den Palitexten –Zum Essay
Heißt gandhabba „Samen“? – Zum Essay
Von Drachen und Menschenopfern – Zum Essay
Seit dem letzten Newsletter wurden folgende Suttas hinzugefügt:
MN 93, MN 146
SN 25-34, die somit vollständig sind; SN 35.94-248, somit ist das 35. Saṁyutta jetzt ebenfalls vollständig; SN 36.1-19; SN 54.12; SN 55.11
Iti 91
Snp 1.2
Thag 1.98, Thag 14.1, Thag 16.5
Übersicht über alle Übersetzungen
Sutta-Erkundungen
Die Sutta-Erkundungen sind ein monatliches Online-Format zum Studium der Suttas in einer Gruppe, das sich an die lectio divina aus der alten christlichen Klostertradition anlehnt. Das ermöglicht ein eher meditatives Herangehen an die Suttas. Die Sutta-Erkundungen finden jeden ersten Freitag im Monat statt.
Nächste Termine: 6. Januar und 3. Februar 2023, jeweils 18:30 – 20:00 h MESZ.
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